Polizeiruf 110 – Fischerkrieg

Hübner, Sarnau, Manchen, polnische Piratenfischer und private Verstrickungen

Foto: NDR / Christine Schroeder
Foto Rainer Tittelbach

In Warnemünde herrscht Krieg zwischen deutschen und polnischen Piratenfischern. Und dann liegt die graue Eminenz unter den Rostocker Fischern tot am Hafen… Der Titel gebende „Fischerkrieg“ und der Handel mit Schwarzfisch sind nur nach außen das Thema des siebten „Polizeirufs“ mit Anneke Kim Sarnau und Charly Hübner. Die Bewegung zielt in diesem sehr persönlichen Fall deutlich nach innen. Auch wenn die Physis bislang das Markenzeichen von Bukow/König war, weniger Dynamik & mehr Drama kommen bei den beiden auch gut!

Im Rostocker Hafen herrscht Krieg. Polnische Piratenfischer machen den Einheimischen das Leben schwer. Als Paul Thomsen, die graue Eminenz unter den Fischern, getötet wird und das Mordszenario einer Hinrichtung gleicht, fällt der Verdacht auf die schweren Jungs eines polnischen Kutters. Die Deutschen wollen sich nichts mehr gefallen lassen und rotten sich zusammen. Während Bukow das Schlimmste zu verhindern weiß, stößt Kommissarin König auf eine investigative Journalistin, die seit Wochen in Meck-Pomm recherchiert. Sollte da vielleicht mehr im Busch sein als ein Fischerkrieg? Wenig später wird Bukow sen. zur Befragung geladen. Er schweigt. Es taucht belastendes Material gegen ihn auf und es gibt Hinweise auf ein lukrativeres Geschäft als die Sache mit dem Fisch: Menschenschmuggel.

Polizeiruf 110 – FischerkriegFoto: NDR / Christine Schroeder
So geht Bukow mit alten Freunden um. Man möchte nicht sein Feind sein. Charly Hübner und Jens Münchow in „Polizeiruf 110 – Fischerkrieg“

Florian Oeller über eine Frage, die die Story aufwirft:
„Was ist man bereit zu tun, um ein erträgliches, besseres Leben führen zu können? Die Fischer brechen Gesetze, um ihre Familien zu ernähren; Katrin Königs Eltern haben einst für ihre Hoffnung auf ein besseres Leben jenseits der Grenze ihr Leben riskiert, genau wie die illegalen Migranten von heute, die sich unter ungeheuren Strapazen durch Europa schmuggeln lassen.“

Alexander Dierbach über das „horizontale Erzählen“ beim Rostocker „Polizeiruf:
„Der strenge 90-Minuten-Takt wird aufgeweicht, die Figuren vibrieren noch nach und führen zum nächsten Fall. In jedem Film kehren Dinge wieder, die man aus dem vorherigen Film kennt, und sie werden fortgeführt. Das finde ich besonders spannend.“

Polizeiruf 110 – FischerkriegFoto: NDR / Christine Schroeder
Launiges Spiel mit Klischees: schwere Jungs und leichte Mädchen im Hafen … und Straßenköter Bukow (Charly Hübner) mittendrin.

Der Titel gebende „Fischerkrieg“ und der Handel mit Schwarzfisch sind nur nach außen das Thema der siebten „Polizeiruf“-Episode aus Rostock. Die EU-Fangquote ist notwendig, doch zugleich bedroht sie die Existenz der Ostseefischer – diese und ähnliche Aspekte integriert Drehbuchautor Florian Oeller in die Krimihandlung und gibt dem Film so ein realistisches, authentisch anmutendes Fundament. Unter der Regie von Alexander Dierbach bekommen die beiden physischen Ermittler Bukow und König etwas weniger Auslauf als gewohnt, die Bewegung zielt in diesem sehr persönlichen Fall deutlich nach innen. Charly Hübners Figur muss sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass sein seit jeher in zwielichtige Geschäfte verstrickter Vater nun sogar ein Mörder ist. Auf der Suche nach der Wahrheit schlägt Alexander Bukow dieses Mal noch deutlicher als sonst über die Stränge. Es überfällt ihn eine bei ihm bislang unbekannte Sprachlosigkeit – bis er sich mit seiner Kollegin über den Fall ausspricht. Auch Katrin König ist in der Geschichte persönlich besonders betroffen. Was im sechsten „Polizeiruf 110“ von einem Rocker ins Spiel gebracht wurde, Königs Heimkind-Syndrom, wird in „Fischerkrieg“ weitergesponnen. Die Frau scheint eine Ost-Vergangenheit zu haben. Der Film beginnt mit einer Traumsequenz: Ein kleines Mädchen rennt durch den Wald – zum Meer, in dem es einen Koffer treiben sieht. Eine Leiche unter Wasser ist kurz zu sehen. Erinnerungen, Fantasiebilder, ein Alptraum. „Sind Sie aus der DDR; man könnte denken Sie sind geflohen“, feixt Bukow sie später an, als es ihm psychisch noch gut geht.

Polizeiruf 110 – FischerkriegFoto: NDR / Christine Schroeder
Eine Klasse für sich sind auch die Pressefotos zum Rostocker „Polizeiruf 110“! Charly Hübner und Anneke Kim Sarnau

In der zweiten Hälfte ist es diese innere Spannung, die den Film trägt. Anneke Kim Sarnau, Charly Hübner, aber auch Klaus Manchen als Veit Bukow bekommen für einen Krimi einiges (Drama) zu spielen. Unter dem Motto „weniger ist mehr“ halten sich alle Darsteller zurück. In den Verhören wird viel geschwiegen, oft spricht nur einer – es geht genauso vermeintlich unstrukturiert in den Vernehmungen zu wie im Großen und Ganzen beim Rostocker „Polizeiruf“. Kein artifizielles Psycho-Duell erwartet hier den Zuschauer, sondern ein fein vibrierendes Kommunikationsfeld breitet sich aus, bei man nie genau weiß, in welche Richtung es sich entwickeln wird. Im Zweifelsfalle poltert Bukow in den Verhörraum und treibt so die Handlung weiter. Die Kamera bleibt – wie man es von Rostock her kennt – nah an den Protagonisten. Die größere Nachdenklichkeit der beiden Ermittler spiegelt sich filmästhetisch in weniger Handkamera und insgesamt in einer ruhigeren Erzählweise. Das ergibt weniger Dynamik und mehr Drama. Auch wenn gerade diese Physis bislang das Markenzeichen des Rostocker Teams war, so benötigen König, Bukow & Co vielleicht diesen persönlichen Tiefgang, damit die „Action“ eines Tages nicht leerläuft. Fazit: Konzept leicht variiert – das hohe Niveau der NDR-Reihe gehalten. (Text-Stand: 18.12.2012)

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Reihe

NDR

Mit Charly Hübner, Anneke Kim Sarnau, Klaus Manchen, Josef Heynert, Andreas Guenther, Inga Busch, Uwe Preuss, Tilo Nest, Jens Münchow, Michael Prelle, Fanny Staffa

Kamera: Markus Schott

Schnitt: Marco Baumhof

Szenenbild: Florian Langmaack

Produktionsfirma: Filmpool

Drehbuch: Florian Oeller

Regie: Alexander Dierbach

Quote: 8,40 Mio. Zuschauer (22,4% MA); Wh.: 6,02 Mio.

EA: 20.01.2013 20:15 Uhr | ARD

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