„Mord am Meer“ von Matti Geschonneck ist die Verfilmung eines Romans von Ulrich Woelk. Es ist ein spannender Thriller über zwei Kapitel deutscher Polit-Vergangenheit, der sich wohltuend absetzt von jenem TV-Realismus, dem das Vordergründig-Alltägliche alles bedeutet, und er öffnet geschickt Türen und Tore, die in die Geschichte der beiden deutschen Staaten führen. Stasi meets RAF! Und es beginnt alles wie ein Krimi.
Ein Mann sitzt gefesselt auf einem Stuhl. Kopfschuss. Orchestriert wird die Szene, die wie eine Hinrichtung aussieht, von Mozarts „Zauberflöte“. Was der Zuschauer erst etwas später erfährt: der ermittelnde Kommissar Glauberg ist der Halbbruder des Toten, der einst Mitglied der RAF war. Da er durchaus verdächtigt wird, soll ihm die eben so toughe wie unerfahrene BKA-Beamtin Paula Reinhardt auf die Finger schauen. Beschattet und abgehört wird Glauberg offenbar, weil ein Mann im Innenministerium kalte Füße bekommt, der in jungen Jahren zur Sympathisantenszene der RAF gehörte. Die Ermittlung führt das ungleiche Paar von Husum nach Berlin – zu ehemaligen Stasi-Mitarbeitern. Der Ermordete setzte sich in die DDR ab, wo er von seiner Frau bespitzelt wurde. Auch fallen Glauberg die Parallelen zu einem Mordfall aus dem Jahr 1978 auf: nach einer Opern-Aufführung wurde ein RAF-Mitglied erschossen.
Wie konnte es anders sein: Viel Lob vom Autor für den Film, der nicht wie der Roman „Die letzte Vorstellung“ heißen konnte, weil es einen amerikanischen Film gleichen Titels gibt. „Besonders überzeugt haben mich Matti Geschonnecks und Drehbuchautor Thomas Kirchners Bereitschaft, die Geschichte für sich sprechen zu lassen, denn genau das ist die Idee des Romans“, so Woelk. Der Zuschauer folgt den Figuren, den Spuren, den falschen Fährten. Handlung als Kette von Ereignissen, dessen Ende nicht absehbar ist. Das unterscheidet denn auch „Mord am Meer“ von den „Wo-waren-Sie-gestern-abend“-Krimis. Mitdenken wird zur obersten Zuschauerpflicht. „Mal eben für zwei Minuten rausgehen geht nicht“, betont Heino Ferch, der mit Nadja Uhl ein großartiges Doppel abliefert. „Es ist ein Film für anspruchsvolle Zuschauer – von denen es eine Menge gibt, auch wenn viele das immer noch nicht wahrhaben wollen.“ (Text-Stand: 14.3.2005)