Es scheint, als ob im Ruhrgebiet mit dem Niedergang des Zechen- und Kumpelalltags, bei dem es immer ein bisschen nach Männerschweiß und Kohlstaub roch, auch der vermeintlich telegene Teil der Region mit gestorben ist. Das ZDF versucht dennoch an alte Traditionen anzuknüpfen. Wenn schon die Gegend an Atmosphäre eingebüßt hat, dann holt man sich den Flair vergangener Tage eben mit einem Schauspieler ins Boot, der wie kaum ein anderer für das Ruhrgebiet steht: Joachim Król. Mit „Lutter“ unternimmt das ZDF seit Jahren wieder einmal den Versuch, den etablierten Samstagkrimis einen neuen Ermittler an die Seite zu stellen.
Joachim Król ist der Meister des Verschmitzten, der kleinen Geste, der perfekt platzierten Andeutung. Wer aber meint, Król würde seinen Kriminalhauptkommissar Lutter als Leisetreter geben, als Mann ohne Eigenschaften, der sieht sich getäuscht. Alexander Lutter ist ein Profi, einer, der anpackt, der Ideen hat und der notfalls auch schon mal mit der Waffe schneller sein kann als mit dem Kopf. Lutter hat aber auch eine andere Seite, eine private. „Wir zeigen ihn auch als Menschen, der auch mal Feierabend hat, auf die Immer-im-Dienst-Attitüde pfeift und ein Bierchen mit den Jungs in der Eckkneipe trinkt“, so Król. Außerdem ist der in Essen Dienst habende und mit ganzem Herzen wohnende Kommissar Single. „Wir leben in einer Singlegesellschaft, also zeigen wir auch Singles.“ Aber der Mann von der Kripo ist keiner, der über das Alleinsein klagt. „Er hat weder eine gescheiterte Ehe noch traumatisierte Kinder. Bei ihm ist alles in Ordnung.“
Genannt wird er einfach nur Lutter. Er wohnt oberhalb seiner Stammkneipe, in unmittelbarer Sichtweite zu einem roten Sandfußballplatz, auf dem schon Helmut Rahn gekickt hat und auf dem auch er gelegentlich noch mit seiner Altherrenmannschaft ein Spielchen wagt. Lutter ist bodenständig geblieben. „Seine Männergespräche in der Kneipe über Gott, die Welt, den Beruf und den Fußball sind ihm heilig“, sagt Jörg Grünler, der die beiden ersten Krimi-Episoden inszeniert hat. Über Frauen redet Lutter weniger, vielmehr genießt er das ironisch-erotische Geplänkel zwischen ihm und der Staatsanwältin mit deutsch-türkischer Familiengeschichte.
Dem neuen ZDF-Helden stehen vor allem die kleinen Leute nahe. Er kennt deren Befindlichkeiten. Auch das spürt man bereits in der ersten Episode. Es geht um Bestechung im großen Stil. Ein gigantisches Bauvorhaben soll auf den Weg gebracht werden. Dafür werden eben mal zwei Millionen Euro Schmiergelder locker gemacht. Der „Geldbriefträger“ Norbert Wolleck sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft, zwei weitere Drahtzieher des Korruptionsfalls werden ermordet. Die Leidtragenden sind die Einzelhändler, die der geplanten Shopping Mall weichen müssen. Eine kleine Träne weint da Lutter den guten alten Zeiten schon nach. „Die Welt ist böse und korrupt“, weiß er. Aber er weiß auch: er wird zu dieser „schönen, neuen Welt“ nie dazu gehören. Er ist und bleibt ein Mann mit Grundsätzen.