Krause ist mies drauf. Meta ist weg, nach Köln zu ihrem Rudi gezogen. Schwester? „Das war sie mal“, poltert Krause, der nun mit seiner zweiten Schwester Elsa allein den Gasthof führen muss. Das Glück der anderen kann der Dorfpolizist aus dem brandenburgischen Schönhorst gerade nicht so gut ertragen. Deshalb muss sich auch Freund Schlunzke in „Krauses Geheimnis“ ordentlich zusammenstauchen lassen, weil der in einem verfallenen Schlösschen an einem Liebesnest für seine „Schnecke“, Frau Doktor Jessen, werkelt. Und dann ist da noch der Fremde mit der Mundharmonika, der sich bei den Krauses ein Zimmer genommen hat. Dieser Albert wurde, wie sich herausstellt, von einer Dompteuse zur Welt gebracht, neun Monate nachdem sie im Sommer 1961 mit ihrem Zirkus in Schönhorst Station gemacht hatte. Die Affäre mit ihr war Krauses frühes, verlorenes Glück. Von seinem Sohn wusste er nichts.
Welches Wagnis ist man bereit, für die Liebe einzugehen? Was bedeuten Familie, Freundschaft, Heimat? Der vierte Film in der Reihe um den bodenständigen Polizisten, der ansonsten seit 1996 im RBB-„Polizeiruf 110“ den Assistenten verschiedener Kommissarinnen gibt, hat das Zeug zum Melodram. Große Gefühle in der Kleine-Leute-Welt Schönhorst, das fühlt sich – nicht immer, aber meistens – ganz leicht an dank der liebenswerten Figuren. Jörg Schüttauf als neuer Krause-Sohn Albert, Marke patenter Kerl & weitgereister Herzensbrecher, hat es nicht allzu schwer, sich hineinzuspielen in dieses gut zusammengestellte Ensemble. Natürlich mit Horst Krause als Horst Krause im Zentrum, dem runden Hosenträger-Kauz, der stoisch mit dem Motorrad durch seine Welt streift wie ein grimmiger, väterlicher Hirte. „Raus in die Welt. Das sagt sich so leicht.“ Das sind so typische Krause-Sätze, kurz, trocken, ein bisschen verstockt, ein bisschen sentimental. Man muss ihn einfach lieben.
Sofern er keine flammenden Reden halten muss wie am Ende des Films. Zum Finale rücken Doktor Jessens ehemalige Studienkollegen zu einem Wiedersehensfest im Gasthof Krause an. Da lastet Bernd Böhlich seiner sympathischen, nicht sehr herausfordernd inszenierten Schnurre ein Übermaß an Sozialromantik auf. Da teilt sich die Welt in Gut und Böse. In wahre Freundschaft und Liebe auf der Seite der kleinen Leute und in falsches Getue und falsche Gefühle auf der anderen Seite, der Seite der schnöseligen Ärzte-Freunde Jessens. Vielleicht auch in Ost und West? Jedenfalls muss man zuvor schon schlucken, wie sich der Film Pointe um Pointe am Bild der brandenburgischen Hinterwäldler abarbeitet. Die haben Probleme mit Fremdwörtern und laufen mit großen Augen durch den Flughafen. „Wann sind Sie denn das letzte Mal geflogen, mit Otto Lilienthal?“, fragt die Beamtin bei der Sicherheitskontrolle irritiert. In den bisweilen auf lustig getrimmten Dialogen wäre weniger mehr gewesen.
Krause und Elsa fliegen dann doch nicht nach Köln. Die Einladung von Meta und Rudi war zu Beginn von einer Freundin überbracht worden, die im Touristenbus anreist und in einem von der Darstellerin scheußlich imitierten rheinischen Singsang daherredet. Manchmal kommt diese Wohlfühl-Heimat-Komödie ziemlich bieder und konventionell daher. Manchmal gelingt auch ein netter selbstironischer Witz. „Ihr habt doch nicht mal mitgekriegt, dass eine Mauer gebaut wurde“, sagt Albert. Tante Elsa kontert schlagfertig: „Wir haben auch nicht mitgekriegt, dass sie wieder weg war.“ Schauspielerin Carmen-Maja Antoni ist ein weiterer Fixpunkt in der beschaulichen Provinz-Welt, in der sich selbstredend alles zum Guten wendet.