Eine 14-Jährige terrorisiert seit einiger Zeit die Menschen im beschaulichen Regensburg. Schwere Körperverletzung, Diebstahl und dergleichen gehen auf das Konto des bis vor kurzem noch strafunmündigen dunkelhäutigen Mädchens. Jetzt sitzt jene Lucy Arano in Untersuchungshaft. Als Kommissarin Lucas von ihrem Kurzurlaub, bei dem sie ihren Vater beerdigen musste, zurückkehrt, hat sich die Lage zugespitzt. Die zweite Frau von Lucys nigerianischem Vater, die weiße Nathalia Horn, ist entführt worden. Die offenbar rechtsextremistischen Kidnapper fordern die Abschiebung von Vater und Tochter. Die zuständige Staatsanwältin kann die Sympathie für die Ziele der Entführer nicht verhehlen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Ermittelt wird in der rechten Szene und unter Lucys Opfern. Dann präsentiert ausgerechnet die Partei der nationalistischen Hardliner der Polizei den Täter. Doch bevor das Verhör beginnt, hat sich der das Leben genommen. Ellen Lucas ist gegen die Erfüllung des Ultimatums gewesen. „Lucy ist hier geboren, sie wurde hier sozialisiert; wir sind für sie verantwortlich“, sagt(e) sie. Jetzt kann auch sie nur hoffen, dass es einen Komplizen gibt. Oder Komplizin? Der erzkonservativen Staatsanwältin traut sie alles zu. Die Luft für die Entführte jedenfalls wird immer dünner…
„German Angst“, die sechste Episode aus der ZDF-Krimireihe „Kommissarin Lucas“, ist ein schwerer Brocken. Das Thema des Films geht die Zuschauer möglicherweise hart an, da die Autoren Friedrich Ani, der die Romanvorlage schrieb, und Thomas Berger, der auch Regie führte, die Zuschauer mit eigenen Vorurteilen und Haltungen konfrontiert, die man allenfalls mit „gesundem Menschenverstand“ umschreiben könnte, die aber moralisch und sogar rechtsstaatlich höchst fragwürdig sind. Der politische Konflikt, der sich ein wenig an dem Münchner Serienstraftäter „Mehmet“ orientiert, ist mehr als ein Gedankenspiel für einen spannenden Krimi. Es geht in diesem Film um persönliche Verantwortung und eine politische Stellungnahme, die jeder Einzelne treffen muss, auch jeder Polizist. Es ist schon etwas deutsch, etwas kantig, aber eben gerade deshalb auch sehr Lucas-like, wie hier das Thema diskutiert wird. Dagegen haben Look, Handlungsdichte, Tempo, dramatische Wendungen und suggestiver Erzählstil von „German Angst“ eher etwas Amerikanisches an sich. Beides ist eigentlich untypisch für Friedrich Ani, der in seinen Romanen gerne dem Verspielten, dem beiläufigen Accessoire Raum gibt. Und gerade dieses Mal ist die toughe, nicht gerade sympathische Lucas ganz besonders zackig und auf Befehlston geeicht – kein Wunder bei einer eisernen Lady als Widerpart und einem Wutgör („Fick dich, fick dich, fick dich“) als Schutzbefohlene. Das Duell sozialliberale Kommissarin gegen rechtskonservative Staatsanwältin lebt stärker von Kriener & Bleibtreu als von Überraschungen dramaturgischer Art. Der Film ist dennoch oder gerade deshalb spannend – und freuen darf man sich in den kommenden Folgen auf die kurz eingeführte Anke Engelke als Ellen Lucas’ Schwester.