Anfangs spielen die Kinder im Ferienlager noch voller Begeisterung „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“. Dann wird aus Spaß tödlicher Ernst: ein 12-jähriger Junge liegt tot im Steinbruch. War es ein Unfall oder wurde er geschubst? Einige Kinder wollen einen schwarzen Mann gesehen haben. Phantasie oder Wahrheit? Kommissarin Lucas und ihr Team haben es schwer. Camp-Leitung und Betreuer zeigen sich wenig kooperativ. Ein schwarzer Helfer fühlt sich diskriminiert – und hat kein Alibi. Durch Zufall stößt Lucas auf einen Obdachlosen, der den Ermittlern allerdings beim Verhör wegstirbt. Ellen Lucas denkt nicht daran, den Fall zu den Akten zu legen. Weil Zuhause Schwester Rike die Wohnung blockiert, quartiert sich die Kommissarin in der Nähe des Zeltlagers in einer Gastwirtschaft ein. So hat sie alles im Blick. Sie fühlt den Erwachsenen kräftig auf den Zahn und freundet sich mit dem kleinen Tim an, dem Freund des Ermordeten, der ihr etwas von einem Zauberstein erzählt…
Ellen Lucas, die „eiserne Lady“ im ZDF, darf sich in ihrem neunten Fall von einer etwas liebenswerteren, warmherzigeren Seite zeigen. Kindstötung ist zwar kein Delikt für einen Ermittlungskuschelkurs, so kommen zunächst ihre Ansagen auch gewohnt sachlich und präzise, kühl und knapp, doch um den Fall zu lösen, muss sich die Kommissarin auf die Kinder einlassen. Die Vermutung, dass es sich bei dem Mord um ein Sexualdelikt handeln könnte, steht früh im Raum (der Speichel des Obdachlosen wurde auf dem Mund des toten Kindes gefunden), doch die Ermittler schießen sich nicht überdramatisch ein auf dieses Motiv. So behält diese „Kommissarin-Lucas“-Episode lange etwas Schwebendes – und auch die Spannung wird immer wieder neu belebt. Länger als zwischenzeitlich vermutet, muss man auch auf die finale Auflösung der Frage „Wer ist denn nun der Mörder?“ warten.
Das alles ist – mit einer Vielzahl an prägnanten Verhörszenen – so gut gemacht, dass man als Zuschauer nicht die dramaturgischen Tricks sieht, sondern den Fall am Ende sogar eher als „tragische Realität“ abspeichert. Die Briten mit Helen Mirrens Kommissarin, der Ellen Lucas offenbar nachempfunden wurde, haben das in „Heißer Verdacht“ erfolgreich vorgemacht. Wunderbar auch der als Gegenwelt hart von der Kommissarinnen-Wirklichkeit abgesetzte Privatkosmos, der in dieser Episode besonders gut funktioniert – und der Lucas wie dem Zuschauer etwas Entlastung gönnt. Fazit: „Der schwarze Mann“ ist ein starker „Lucas“-Fall, noch etwas über dem Durchschnitt der Reihe – und das heißt schon was! Es hat sich also gelohnt, dass das ZDF beim Drehbuch noch mal nachbessern ließ! (Text-Stand: 23.7.2012)