„Jorinde und Joringel“ erzählt die komplexeste Geschichte der vier Gebrüder-Grimm-Verfilmungen von 2011. Der Handlungskern, die Romanze zwischen dem Titelpaar, mag übersichtlich sein, doch die Herausforderungen, die Held und Heldin bis zur Hochzeit überstehen müssen, sind höchst vielfältig. Hinzu kommt eine zweite Ebene, auf der die Liebe grundsätzlich in Frage gestellt wird: Weil Jorindes Vater seiner Tochter verbietet, den Knecht Joringel (Jonas Nay) zu heiraten, fliehen die beiden in einen verzauberten Wald, in dem junge Frauen verschwinden. Auch Jorinde (Llewellyn Reichman) ereilt dieses Schicksal. Eine Zauberin (Katja Flint) will die Mädchen davor bewahren, dass sie von der Liebe enttäuscht werden, und verwandelt sie in Vögel. Sie selbst war einst einem Ritter (Uwe Kockisch) zugetan, doch der legte sie rein und stahl eine Zauberblume, mit der man andere Menschen vorübergehend erstarren lassen kann. Aber der Zauber hat seinen Preis: Er kostet Lebenszeit. Joringel erkennt, dass die Blume der Schlüssel ist, um die magische Mauer rund ums Reich der Zauberin zu überwinden; selbst wenn ihm dadurch sein Leben durch die Finger rinnt.
Das Drehbuch erzählt die Geschichte des Liebespaars als gelungene Kombination aus Romanze und Komödie. Jonas Nay, im Rahmen des deutschen Fernsehpreises als Hauptdarsteller des Mobbing-Dramas „Homevideo“ mit dem Förderpreis ausgezeichnet, verkörpert Joringel als pfiffigen Luftikus, der sich zum Schein dem räuberischen Ritter anschließt, ihm und seinen tumben Schergen aber immer wieder ein Schnippchen schlägt. Regisseur Bodo Fürneisen führt die jungen Darsteller zu einer sicheren Leistung. Katja Flint versieht die Zauberin mit gerade so viel Trauerflor, dass sie einem als tragische Figur durchaus leid tun kann; selbst wenn sie nichts unversucht lässt, damit sich Jorinde ihren Geliebten aus dem Kopf schlägt. Als alles nichts fruchtet, nimmt die Zauberin Jorindes Gestalt an, aber selbstredend steht die wahre Liebe am Ende. (Textstand: 25.12.2011)