Inga Lindström – Willkommen im Leben

Nike Fuhrmann, Kiwitt, Sadlo & Witte. Geschmackvoll, amüsant & viele Hingucker

Foto: ZDF / Arvid Uhlig
Foto Tilmann P. Gangloff

Was wären romantische Komödien ohne Missverständnisse! „Willkommen im Leben“ beginnt mit einer Verwechslung: Weil sich Urlauber Ben auf der Suche nach seinem Gästezimmer im Haus geirrt hat, engagiert ihn die alleinerziehende Luisa kurzerhand als Au-pair-„Junge“. Die kurzweilig erzählte Geschichte wird keinen Originalitätspreis bekommen, hat aber mit Nike Fuhrmann und Pierre Kiwitt zwei unverbrauchte Hauptdarsteller zu bieten, die prima zueinander passen und von „Inga Lindström“-Autorin Sadlo mit vergnüglichen Dialogen versorgt worden sind. Und das „Herzkino“-Stück hat sogar filmisch so seine Momente.

Christiane Sadlo, die Autorin hinter der Marke „Inga Lindström“, beginnt ihre sommerliche Liebesgeschichte „Willkommen im Leben“ mit einer Verwechslung: Luisa (Nike Fuhrmann), alleinerziehende Mutter, seit ihr Mann vor drei Monaten das Weite gesucht und in Argentinien gefunden hat, wartet händeringend auf ein neues Au-pair-Mädchen. Als es klingelt, steht ein Mann vor der Tür, der mit Ende 30 eigentlich zu alt für den Job ist. Kein Wunder: Ben (Pierre Kiwitt) ist Polizist aus Stockholm und will sich in der Provinz eine Auszeit nehmen, um an einem Roman zu arbeiten; er hat sich, wie sich später rausstellt, auf der Suche nach seinem Gästezimmer im Haus geirrt. Da Luisa ihn nicht zu Wort kommen lässt, fügt er sich in sein Schicksal und passt auf ihre Kinder auf. Später klärt sich das Missverständnis zwar, aber da Ben nun schon mal da ist, einigt er sich mit Luisa, den Begriff „Au pair“ (auf Gegenleistung) beim Wort zu nehmen: Er darf umsonst im Gartenhaus wohnen und beaufsichtigt dafür die Kinder, wenn sie zur Arbeit muss. Natürlich kümmert er sich alsbald auch um Luisa, die Zuspruch bitter nötig hat, und selbstredend kommt es, es wie in solchen Geschichten immer kommt: Als die beiden zueinander finden, kehrt Luisas Mann (Hanno Friedrich) zurück.

Die groben Züge der Handlung mögen wenig überraschend sein, aber seinen Charme verdankt der Film den Details, der Umsetzung und den beiden Hauptdarstellern: Sadlo hat ihre Geschichte um viele kleine Momente ergänzt, die dafür sorgen, dass die Figuren Tiefe bekommen. Udo Witte ist zwar ein routinierter „Inga-Lindström“-Regisseur, lässt den Film aber trotzdem nicht in Routine erstarren, obwohl er die Vorgaben der Reihe bedient. Ein echter Einschaltgrund sind jedoch Nike Fuhrmann („Opa, ledig, jung“) und Pierre Kiwitt, die als Paar prima zueinander passen, zumal Sadlo ihnen flotte Flirtdialoge geschrieben hat. Beide sind alles andere als unerfahren, aber die Zahl ihrer Hauptrollen ist überschaubar. Gerade Fuhrmann spielt die kleinen Gesten und Blicke sehr schön und nie übertrieben, doch auch Kiwitt muss mehr als bloß gut aussehen. Wichtigste Ergänzungsspieler sind Luisas Kinder, die Witte ebenfalls sehr gut geführt hat. Dass die beiden Geschwisterdarsteller, Gioia und Nico Marischka, ebenfalls Bruder und Schwester sind, ist ein echter Glücksfall. Gerade Gioia zeigt in ihrer Rolle als kratzbürstiger Teenager keinerlei Schwächen: Die 14jährige Tina gibt ihrer Mutter die Schuld daran, dass der Vater ausgezogen ist. Später stellt sich heraus, dass seine angebliche Sehnsucht nach Argentinien auf den Namen Beatrice hört. Der zehnjährige Sam wiederum braucht vor allem einen Vaterersatz, und da kommt Ben gerade recht. Beide Kinder machen ihre Sache famos; für Gioia wird es garantiert weitere Rollenangebote geben.

Inga Lindström – Willkommen im LebenFoto: ZDF / Arvid Uhlig
Mit anderen Augen. In intimen Gesprächen kommen sich Luisa (Fuhrmann) & Ben (Pierre Kiwitt) näher.

Damit die Liaison nicht allzu reibungslos funktioniert, hat sich Sadlo für die dritte Reihe drei Figuren ausgedacht, die dem Paar das Leben schwer machen: Luisa hat vorübergehend Arbeit beim besten Freund ihres Mannes gefunden; Mikael (Julian Weigend), der sie schon lange liebt, sieht endlich seine Chance gekommen. Ben wiederum wird von seinem Agenten (Martin Armknecht) verfolgt, der beim Verlag bereits einen fetten Vorschuss für ihn rausgeholt hat und endlich das Manuskript haben will. Und dann ist da noch Ole (Rüdiger Joswig), Luisas bärbeißiger Schwiegervater, ein pensionierter Polizist, der überzeugt ist, dass sein Sohn reumütig zurückkehren wird und der daher nach Kräften gegen Ben intrigiert. Überflüssig sind allein Mikaels Besuche bei seiner Mutter (Marita Breuer), die praktisch keinen Bezug zur Geschichte haben und auch darstellerisch wie Fremdkörper wirken.

Ungleich harmonischer hat Witte die Landschaftsbilder integriert und auf diese Weise gleich mehrere prachtvolle Sonnenuntergänge untergebracht (Kamera: Nicolas Joray); auch die Nebelaufnahmen gleich zu Beginn sind eindrucksvoll fotografiert. Fortan ist „Willkommen im Leben“ allerdings ein reiner Sonnenscheinfilm, der sich vor allem durch viele sympathische Ideen auszeichnet. Einige sind bloß kleine Gags am Rande, wenn Luisa zum Beispiel beim eiligen Aufbruch zwei verschiedenfarbige Ballerinas anzieht. Der Welpe, den Sam gleich zu Beginn mit nach Hause bringt, sorgt den ganzen Film hindurch für viel Wirbel und herzige Bilder: Als Ben zum Sportplatz kommen soll, weil sich Sam beim Training geprügelt hat, steckt er den Hund kurzerhand in einen Rucksack. Der schriftstellernde Polizist ist ohnehin eine vielschichtigere Figur, als es zunächst den Anschein hat, und das keineswegs bloß, weil er umgehend zu allen Familienmitgliedern einen guten Draht bekommt: Seinen Bestseller, die literarische Verarbeitung einer gescheiterten Beziehung, hat er unter einem weiblichen Pseudonym verfasst. Dass sich Kiwitt auch ohne Kleider sehen lassen kann, wird ihn in den Augen der Zielgruppe endgültig zum Traumprinzen machen. Bei Fuhrmann wiederum ist auch die Kleidung ein Hingucker, weil Luisas Stil praktisch & flott und trotzdem geschmackvoll & elegant ist; Prädikate, die auch der Film für sich beanspruchen kann. (Text-Stand: 14.9.2016)

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Reihe

ZDF

Mit Nike Fuhrmann, Pierre Kiwitt, Rüdiger Joswig, Julian Weigend, Gioia Marischka, Nico Marischka, Hanno Friedrich, Martin Armknecht, Marita Breuer

Kamera: Nicolas Joray

Szenenbild: Dieter Bächle

Kostüm: Martina Korte

Schnitt: Manuela Kempf

Musik: Andreas Weidinger

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion

Drehbuch: Christiane Sadlo

Regie: Udo Witte

Quote: 5,23 Mio. Zuschauer (14,3% MA)

EA: 09.10.2016 20:15 Uhr | ZDF

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