Inga Lindström – Verliebt in meinen Chef

Ellenie Salvo Gonzalez, Markus Brandl, Matthias Kiefersauer. Leicht & einfallsreich

Foto: ZDF / Arvid Uhlig
Foto Tilmann P. Gangloff

„Verliebt in meinen Chef“ (ZDF / Bavaria Fiction) wird zwar nicht lange in Erinnerung bleiben, aber der Film ist auch keine Zeitverschwendung. Die romantische Komödie erzählt zwei Liebesgeschichten, die eins gemeinsam haben: Eine Frau empfindet tiefe Zuneigung für einen Mann in nächster Nähe, traut sich jedoch nicht, ihm ihre Gefühle zu gestehen. Die durch die RTL-Comedyserie „Sekretärinnen“ bekannt gewordene Ellenie Salvo Gonzalez rollt ein bisschen viel mit den Augen, aber Matthias Kiefersauer, verantwortlich für Regie & Buch, erfreut durch viele sympathische Einfälle & eine angemessen kurzweilige Umsetzung.

Heldin des Hauptstrangs von „Verliebt in meinen Chef“, der 72. Episode der „Inga Lindström“-Reihe im ZDF, ist Anna Lund (Ellenie Salvo Gonzalez), Assistentin eines Stockholmer Auktionators. Ihr Chef Sven (Markus Brandl) ist seit einiger Zeit Witwer. Anna hat ihm nicht nur über die Trauer hinweggeholfen, sie ist auch mehr als bloß die gute Seele des Betriebs. Sven weiß das zu schätzen, betrachtet sie jedoch nur als gute Freundin. Aus Angst, das gute Verhältnis zu belasten, will Anna weder sich selbst geschweige denn ihm ihre Liebe gestehen, zumal sie überzeugt ist, eh nicht sein Typ zu sein. Die zweite Ebene erzählt von Annas Vater, Carl (Helmut Zierl), und seinem Verhältnis Beziehung zur Nachbarin: Künstlerin Lotta (Fanny Stavjanik) ist in seinen Augen ein bisschen chaotisch, weshalb er immer wieder zu erzieherischen Maßnahmen greift. Trotzdem ist sie ihm durchaus zugetan.

Sehenswert sind diese beiden Allerweltsgeschichten, weil Matthias Kiefersauer („Falsche Siebziger“ / „Franzi“), der für Buch und Regie verantwortlich zeichnet, die überschaubare Handlung um viele Ideen ergänzt. Die beste ist eine Anleihe bei „Cyrano de Bergerac“: Um nicht länger leiden zu müssen, will Anna ihren Chef mit einer Freundin verkuppeln. Die etwas oberflächliche Sophie (Merle Collet) wäre auch nicht abgeneigt, aber dummerweise hat sie völlig andere Interessen als Sven, der für Rachmaninow schwärmt und gern ins Theater geht. Also macht sich Anna zur Regisseurin der Beziehung und bereitet Sophie detailliert aufs erste Date vor. Treffendes Pendant zur Verfilmung mit Gérard Depardieu ist eine Szene, in der das verkuppelte Paar ein Videotelefonat führt, bei dem Anna ihre Freundin regelrecht inszeniert.

Inga Lindström – Verliebt in meinen ChefFoto: ZDF / Arvid Uhlig
Visuell darf Kitsch-Verdacht schon mal aufkommen, die hübsch verspielte Story sorgt allerdings dafür, dass der Gesamteindruck dieses „Herzkino“-Films ein anderer ist.

Soundtrack: The Doors („L.A. Woman“), Nina Simone („Here Comes The Sun“), Scott Bradlee’s Postmodern Jukebox feat. Shoshana Bean („Sorry“), KT Tunstall („Turned a Light On“)

Es gibt eine ganze Reihe solcher sympathischer Einfälle, die Kiefersauer zudem angemessen kurzweilig umgesetzt hat. Sehr schön ist zum Beispiel ein Date Svens, bei dem die offenbar sehr willige Dame (Kathrin Osterode) exakt jene körpersprachlichen Signale aussendet, die Anna zuvor prophezeit hat; und natürlich kommen Sven diese Gesten völlig übertrieben und gar nicht mehr verführerisch vor. Sichtlich Spaß an seiner Rolle hatte auch Helmut Zierl als stocksteifer Umstandskrämer und Korinthenkacker, der der rothaarigen Lotta – Lebensmotto: „Die Einen haben recht, die Anderen haben Spaß“ – dauernd Vorträge hält. Warum sie diese Nervensäge trotzdem „sausüß“ findet, bleibt zunächst ein Rätsel; bis Carl unwissentlich einen ganzen Teller Haschplätzchen vertilgt und sich vorübergehend in einen zwar etwas albernen, aber von allen Prinzipien befreiten und durchaus sympathischen Zeitgenossen verwandelt.

Seine Hauptdarstellerin hätte der Regisseur allerdings etwas bremsen können. Ellenie Salvo Gonzalez ist durch ihre Hauptrolle in der RTL-Comedyserie „Sekretärinnen“ (2013) bekannt geworden, und so ähnlich legt sie auch Anna an: mit ganz viel Zähnezeigen und von links nach rechts kullernden großen braunen Augen. Mit der Darstellerin von Annas attraktiver Schwester Katharina hat „Verliebt in meinen Chef“ hingegen eine echte Entdeckung zu bieten: Anna Puck bewirbt sich mit ihrer zwar unaufdringlichen, aber dennoch unübersehbaren Präsenz nachdrücklich für eine „Herzkino“-Hauptrolle, die sie dann als Sprungbrett für eine Karriere nutzen wird. Zum guten Gesamteindruck gehören neben den flotten Dialogen nicht zuletzt auch die Schauplätze: Anna lebt auf einem schmucken Hausboot, Carl und Lotta wohnen in traumhaft gelegenen Häusern auf dem Land. Im Gegensatz zu diesen Details, die für die Geschichte nicht wichtig sind, hat eine andere Kleinigkeit entscheidenden Anteil am Happy End. Das gerät vorübergehend in Gefahr, als Anna ihren Job kündigt, aber es hat seinen Grund, warum Svens Sohn gleich zu Beginn auffällt, dass Anna ihr „i“ beim Schreiben mit einem sehr individuellen Tüpfelchen zu versehen pflegt. (Text-Stand: 11.11.2017)

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Reihe

ZDF

Mit Ellenie Salvo Gonzalez, Markus Brandl, Merle Collet, Helmut Zierl, Fanny Stavjanik, Anna Puck, Max Engelke, Nevio Wendt, Kathrin Osterode

Kamera: Thomas Etzold

Szenenbild: Dieter Bächle

Schnitt: Christian Nauheimer

Musik: Christoph Zirngibl

Redaktion: Alexander S. Tung

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion

Produktion: Ronald Mühlfellner

Drehbuch: Matthias Kiefersauer – Idee: Christine Heinlein

Regie: Matthias Kiefersauer

Quote: 4,77 Mio. Zuschauer (12,9% MA); Wh. (2020): 4,40 Mio. (14,2% MA)

EA: 03.12.2017 20:15 Uhr | ZDF

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