Inga Lindström – Die Kinder meiner Schwester

Paula Schramm, Uhlen, Sadlo. Frisch & natürlich gegen das „Herzkino“-Diktat

Foto: ZDF / Marco Meenen
Foto Tilmann P. Gangloff

Schauspielerisch sehenswertes „Inga Lindström“-Märchen mit Susanne Uhlen als böser Großmutter und Paula Schramm als tapferer Heldin: Nach dem Tod ihrer Eltern sollen zwei verwaiste Schwestern ihren Hof verlassen und zur emotional kontrollierten Oma ziehen. Selbstlos gibt die Tante der Mädchen ihre Zukunftspläne auf, um den beiden zur Seite zu stehen. Paula Schramm und die beiden jungen Darstellerinnen sorgen dafür, dass der Film überraschend kurzweilig ist. Optisch orientiert sich „Die Kinder meiner Schwester“ hingegen fast sklavisch an den bildsprachlichen Vorgaben des „Herzkino“-Sendeplatzes.

Letztlich handelt es sich bei den schwedischen Liebesgeschichten, die Christiane Sadlo seit zwölf Jahren schon vieldutzendfach unter dem Pseudonym „Inga Lindström“ für den Sonntagabend im ZDF geschrieben hat, um Märchen. „Die Kinder meiner Schwester“ zum Beispiel erzählt von zwei armen Waisenmädchen, denen das Schicksal besonders böse mitspielt: Erst sterben die Eltern bei einem Autounfall, dann sollen die beiden Schwestern den Rest ihrer Kindheit bei der hartherzigen Oma Viveca verbringen. Die Großmutter hat außerdem den Vater der Kinder um sein Erbe gebracht, weshalb nun der Bauernhof, auf dem die Waisen wie zuvor schon ihre Mutter aufgewachsen sind, verkauft werden muss. Zum Glück gibt es einen rettenden Engel: Tante Hanna, obschon kaum älter als die ältere der beiden Schwestern, kehrt aus Stockholm zurück aufs Land, nimmt die Kinder unter ihre Fittiche, gibt ihren Lebenstraum auf und nimmt sogar die Trennung vom Freund in kauf. Natürlich lässt sich die Großmutter, die doch angeblich nur das Beste für die Mädchen will, so leicht nicht unterkriegen. Sie ist immer noch voller Zorn darüber, dass ihr Sohn sich einst für den Bauernhof entschieden hat, denn eigentlich war er als Nachfolger fürs Familienunternehmen vorgesehen; sie hofft, dass nach angemessener Ausbildung eins der Mädchen in ihre Fußstapfen treten wird. Ein Anwalt soll sicherstellen, dass sie ihre Pläne realisieren kann. Zum Glück ist der junge Mann, ein ehemaliger Mitschüler Hannas, ganz hin und weg, als er sie wiedersieht, weshalb er alsbald die Seiten wechselt; und wenn sie nicht gestorben sind…

Inga Lindström – Die Kinder meiner SchwesterFoto: ZDF / Marco Meenen
Ein Hauch von Bullerbü nimmt für diese „Inga-Lindström“-Mär ein. Joscha Kiefer, Paula Schramm, Emilia Pieske, Tijan Fischer-Islas

Natürlich sorgt Regisseur Marco Serafini, der von „Barbara Wood“ über „Lilly Schönauer“ bis hin zu „Inga Lindström“ schon alle einschlägigen Frauenfilmmarken bedient hat, für die richtige „Herzkino“-Verpackung, und dazu gehören auch ein paar typische Pubertätskonflikte: Tina, das ältere der beiden Mädchen, ist 16 und schwänzt schon mal die Schule, um sich mit einem Jungen kiffend und trinkend auf einer Partyinsel zu vergnügen. Hanna wiederum, mit 22 selbst noch in Sichtweite der Kindheit, ist engagiert bis zur Selbstaufgabe, wäre aber auch dann überfordert, wenn Tina ihre pubertäre Bockigkeit weniger hingebungsvoll ausleben würde. All’ den düsteren Konflikten zum Trotz orientiert sich „Die Kinder meiner Schwester“ bildsprachlich geradezu vorbildlich an den redaktionellen Vorgaben für Sonntagsfilme im „Zweiten“. Die Aufnahmen sind derart bunt, hell und freundlich, dass sich auf dem Bauernhof umgehend ein heimeliges Bullerbü-Gefühl einstellt (Kamera: Sebastian Wiegärtner). Die Musik (Andreas Weidinger) unterstreicht die Emotionen mitunter fast zu sehr, hört sich insgesamt aber gut an. Und weil Hannas Traum vom Fliegen – sie hätte in wenigen Wochen eine Ausbildung als Pilotin begonnen – selbstredend ungebrochen ist, findet sich auch Gelegenheit, die obligaten Luftaufnahmen sinnvoll in die Handlung zu integrieren. In den „Inga Lindström“-Filmen muss es zudem mindestens stets zwei Sonnenauf- oder untergänge geben.

Als Zeitvertreibsfernsehen ist „Die Kinder meiner Schwester“ also durchaus empfehlenswert, in künstlerischer Hinsicht eher nicht; wären da nicht die schauspielerischen Leistungen. Paula Schramm, die bereits eine beachtliche Filmografie vorzuweisen hat, versieht Hanna mit so viel Frische und Natürlichkeit, dass man den beiden Mädchen schon allein deshalb wünscht, es möge am Ende alles gut ausgehen; und das ist ja auch der Sinn der Sache. Noch eindrucksvoller sind die Darstellerinnen der zwei Schwestern. Gerade die kleine Emilia Pieske spielt ihre Rolle ganz famos, obwohl sie viel Dialog mit schwierigen Sätzen hat. Auch Tijan Fischer-Islas ist von Serafini ausgezeichnet geführt worden. Susanne Uhlen ist als Großmutter, die sich keinerlei emotionale Blöße gibt, ebenfalls eine gute Wahl. Bloß die jungen Männer bleiben wie fast immer im „Herzkino“ des ZDF etwas blass, auch wenn Joscha Kiefer an Format gewinnt, als sich Anwalt Lennart endlich von den juristischen Fesseln befreit.

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Reihe

ZDF

Mit Paula Schramm, Joscha Kiefer, Susanne Uhlen, Gabriel Raab, Tijan Fischer-Islas, Emilia Pieske, Franziska Wulf, Carolin Fink, Roland Jankowsky, Jochen Kolenda

Kamera: Sebastian Wiegärtner

Szenenbild: Dieter Bächle

Schnitt: Ilana Goldschmidt

Musik: Andreas Weidinger

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion

Drehbuch: Christiane Sadlo

Regie: Marco Serafini

Quote: 5,68 Mio. Zuschauer (15,6% MA)

EA: 03.05.2015 20:15 Uhr | ZDF

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