Ein Boot mit afrikanischen Flüchtlingen strandet vor Spaniens Küste. Tote werden aus dem Wasser gezogen, die Erschöpften ärztlich versorgt, Touristen verteilen Wasser. Einige der Flüchtlinge entziehen sich dem Zugriff der Polizei, darunter die junge Djamile aus dem Kongo, die sich versteckt und auch nicht in den Bus der Schlepperorganisation steigt, der die Flüchtlinge an einem verabredeten Ort abholt. Der 17-jährige Thomas ist in gewisser Weise ebenfalls gestrandet. Mit seinem Vater Niels, einem Staatsanwalt, verbringt er in Spanien seinen Sommerurlaub. Ein schickes Hotel, ein schöner Strand, aber Thomas leidet unter der Trennung seiner Eltern. Und dann taucht noch seine Spanischlehrerin Angélica auf – es stellt sich heraus, dass sie die neue Freundin seines Vaters ist. Wütend fährt Thomas mit dem gemieteten Motorrad durch die Gegend. Und findet Djamiles Versteck. Spontan beschließt er, ihr zu helfen und sie mit auf sein Hotelzimmer zu nehmen.
Foto: ZDF / Sebastian Woithe
Das wirkt etwas konstruiert, aber was wären Filme ohne Zufälle? Dass Djamile auch noch Deutsch spricht, wird wohl ein Zugeständnis ans Publikum sein, zumal ohnehin schon einige spanische (und französische) Dialoge untertitelt wurden. Die Drehbuch-Idee hat ihren Reiz. Sie knüpft an die in Medien immer mal wieder erscheinenden Bilder von Touristen neben toten oder erschöpften Armutsflüchtlingen an, etwa auf der italienischen Insel Lampedusa. Die Macht der Bilder: Urlaub machen erscheint hier geradezu zynisch, selbst wenn Touristen in der konkreten Situation tatkräftig geholfen haben sollten. Aber ist Hilfsbereitschaft immer uneigennützig? Thomas‘ Barmherzigkeit speist sich auch aus dem Bedürfnis, sich gegen den Vater aufzulehnen. Die traditionelle Hierarchie – hier der weiße Helfer aus dem Norden, dort die hilfsbedürftige Schwarze aus dem Süden – wird im Film jedoch langsam aufgebrochen. Überzeugend und glaubwürdig, auch dank der jungen Darsteller Sven Gielnik und Eye Haidara, wird die behutsame Annäherung zwischen Thomas und Djamile erzählt. Schöne Szenen einer eigentlich unmöglichen, sich langsam entwickelnden Freundschaft sind das. Djamile fasst Vertrauen, Thomas‘ naiv anmutende Hilfsbereitschaft wandelt sich in Zuneigung.
Aber Sören Voigt erzählt kein romantisches Märchen von einer Grenzen und Vorurteile überwindenden Liebe. Die Geschichte wird vom Vater-Sohn-Konflikt ebenso vorangetrieben wie von der Frage, wie es mit Djamile weitergehen soll. Hans-Jochen Wagner glänzt als Mann mittleren Alters, der seinem (Liebes-)Leben neuen Schwung geben will und keinen rechten Zugang mehr zu seinem Sohn findet. Anfangs noch um Thomas bemüht, entpuppt sich der Staatsanwalt spätestens mit dem unverhofften Auftauchen von Djamile als herrische Type. „Ich dachte, dass es Männer wie Sie nur in Afrika gibt“, sagt Djamile in einer Schlüsselszene.
Eine Entdeckung ist die spanische Schauspielerin Carolina Clemente, die dem Film auch eine Spur Erotik beschert. Angélica wird zu einer eigenständigen Figur in dem Drama. Zu Beginn scheint sie mit Thomas zu flirten, später schlägt sich die neue Freundin des Vaters im familiären Konflikt mehr und mehr auf die Seite des Sohnes und setzt sich für Djamile ein. Die Ereignisse spitzen sich zu, als einer der Schlepper Djamile in einer Bar wiederentdeckt und auffordert, ihren Vertrag zu erfüllen. Im letzten Drittel wirkt die Geschichte jedoch nicht immer überzeugend. Der unwahrscheinliche Fall, dass eine Schlepperorganisation eine junge Frau, die zur Prostitution gezwungen wird, auf Initiative eines 17-Jährigen herausgibt, wenn auch gegen „Bezahlung“, wird hier nur bedingt glaubhaft gemacht. Allerdings wird kein simples Happy End daraus. Das verhindert der väterliche Staatsanwalt, dessen Hilfsbereitschaft den einzigen Zweck hat, das Problem endlich loszuwerden.