Eigentlich seltsam, dass Heiner Lauterbach und Uwe Ochsenknecht nach Doris Dörries Überraschungs-Hit „Männer“ (1985) nicht viel öfter zusammengespielt haben; Filmindustrien pflegen den Erfolg von Traumpaaren à la Jack Lemmon & Walter Matthau oder Bud Spencer & Terence Hill doch normalerweise auszuschlachten. Es gibt zwar weitere gemeinsame Filme, aber in der typischen „Männer“-Konstellation ist das Duo nur noch zweimal aufgetreten: in der Kinokomödie „Erleuchtung garantiert“ (2000) als gegensätzliches Brüderpaar und in dem ZDF-Film „Ein seltsames Paar“ (2004, beide ebenfalls von Dörrie), einem Remake des Lemmon-Matthau-Klassikers; beide Male zusammen mit Ulrike Kriener, der Dritten aus dem „Männer“-Erfolgstrio. Die Schauspielerin wirkt auch in der Tragikomödie „Ihr letzter Wille kann mich mal!“ mit, jedoch nur akustisch. Den beiden Stars bietet das zweite Langfilmdrehbuch von Maike Rasch – sie hat zuvor das Kinodrama „Bonnie & Bonnie“ (2019) geschrieben – Paraderollen, die allerdings erwartbar besetzt sind: Lauterbach spielt einen verkniffenen, aber ausnehmend elegant gekleideten Staatsanwalt, der sich selbstredend an Recht und Ordnung hält, Ochsenknecht einen etwas schlummeligen und stets zuversichtlichen Reisejournalisten, der die Dinge ungleich lockerer sieht.
Foto: Degeto / André Poling
Wie in vielen „Buddy“-Movies besteht der Reiz der Geschichte in der Kombination zweier Protagonisten, die sich unter normalen Umständen kaum über den Weg gelaufen wären. Dafür sorgt in diesem Fall die bei einem Unfall verstorbene Sophia, denn sie war mit beiden verheiratet; und zwar nicht nacheinander, sondern gleichzeitig. Entsprechend konsterniert müssen Heinrich & Tom feststellen, dass die Liebe ihres Lebens sie in den letzten 20 Jahren beide hintergangen hat, wenn auch nicht bösartig; sie hat bei dem einen gefunden, was der andere ihr nicht geben konnte. Und weil sie möchte, dass ihre Männer sich kennenlernen, sieht ihr letzter Wille eine Seebestattung vor der Küste der kleinen Nordseeinsel Neuhever vor. Während Tom umgehend bereit ist, den Wunsch umzusetzen, reagiert der korrekte Heinrich empört, und das nicht nur aus juristischem Prinzip („In Deutschland herrscht Friedhof-Zwang“): Er will eine konventionelle Erdbestattung, damit er später das Grab besuchen kann.
Die entsprechende Auseinandersetzung ist der Auftakt eines auch mal in Handgreiflichkeiten ausartenden Gerangels, das sich durch den gesamten Film zieht. Weil dieser Dauerzwist allein als Handlungsbasis etwas wenig wäre, macht Rasch aus dem Duo ein Trio. Auf dem Weg zur Küste gabeln die beiden eine Anhalterin auf: Ella (Svenja Jung) ist Finnin und erwartet ein Baby. Kindsvater Ole lebt ebenfalls auf Neuhever, weiß allerdings noch nichts von seinem Glück, weil ihm die junge Frau kurz zuvor den Laufpass gegeben hat. Außerdem ist Ella überhaupt nicht sicher, ob sie wirklich eine Familie möchte. Die Männer wiederum schließen einen Kompromiss: Wenn Tom ein Boot auftreibt, bevor Heinrich die Beerdigung organisieren kann, dann soll Sophia ihren letzten Willen bekommen; ansonsten wird sie auf Neuhever bestattet. Tatsächlich zeigt sich rasch, dass beides nicht klappt: Das einzige Boot auf der bei Ebbe zu Fuß oder per Pferdewagen durchs Watt erreichbaren Insel gehört der Feuerwehr; und es gibt zwar einen Friedhof, aber dort ist schon ewig niemand mehr beerdigt worden.
Soundtrack: U2 („With Or Without You“), Suresh Wadkar & Lalitya Munshow („Jai Shiv Omkara”), José González („Heartbeats”), The Ink Spots („If I Didn’t Care”), James Bay („Need The Sun To Break”), Kina Grannis („Can’t Help Falling in Love”), The Spencer Davis Group („Gimme Some Lovin’”), Billie Ellish („When The Party’s Over”), Hollow Coves („These Memories”), Sonny & Cher („I Got You Babe”)
Foto: Degeto / André Poling
Ohne die Nebenhandlung mit Ella würde die Tragikomödie vermutlich irgendwann ihren Reiz verlieren, selbst wenn es schön ausgedacht und umgesetzt ist, wie die Widerstände zwischen Heinrich und Tom bröckeln, ohne dass die beiden deshalb gleich Freunde werden. Für eine gewisse Annäherung sorgen nicht zuletzt zwei Briefe, die Sophia an die Männer geschrieben hat (Ulrike Kriener verliest sie aus dem Off), und in denen sie erklärt, warum sie beide geliebt hat. Die Freude an Lauterbach und Ochsenknecht kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Figuren etwas eindimensional und klischeehaft sind: Während Heinrich bei jeder Gelegenheit auf entsprechende Paragrafen verweist, gibt Tom bei einer Wattwanderung Om-Geräusche von sich und versucht ansonsten, Heinrichs negative Energien wegzuatmen; das entspricht allzu sehr anderen Rollen, die die beiden schon dutzendfach verkörpert haben.
Auch deshalb war die Ergänzung des Duos um Svenja Jung eine ausgezeichnete Idee, zumal die lebhafte Ella ein reizvoller Kontrast zu einer ihrer wichtigen letzten Rollen als düstere Jugendliche in „Kaputt“ ist, einem „Tatort“ aus Köln über die Suche nach einem Polizistenmörder. Zuvor war sie unter anderem bereits in dem ZDF-Krimi „Ostfriesenkiller“ (2017) positiv aufgefallen und hat diese Leistung in dem ZDF-Weihnachtsmärchen „Der süße Brei“ (2018) mehr als bestätigt. Hier versieht sie die junge Finnin mit einem sympathischen Akzent und gelegentlichen amüsant verdrehten Redewendungen („Friede, Freude, Pustekuchen“). Ellas Erzählstrang wird noch einigermaßen turbulent, als Tom ihr verkündet, Ole (Max Bretschneider) habe bereits eine Familie. Recht unterhaltsam sind auch einige Nebenfiguren, etwa der Bestatter (Laurens Walter), der den beiden Witwer unbedingt ein Trauer-Tattoo aufschwätzen will, oder der maulfaule Insulaner (David Simon), der alle Besucher von Neuhever voller Verachtung als „Städter“ bezeichnet.
Ähnlich wie Sinan Akkus’ letzter Film, „Fischer sucht Frau“ (2019), ebenfalls eine norddeutsche Komödie, zeichnet sich auch „Ihr letzter Wille kann mich mal!“ vor allem durch die Arbeit mit den Schauspielern und netten kleinen Ideen aus. Das Tempo ist allerdings eher überschaubar, was jedoch zum beschaulichen Eilanddasein passt; es gibt einige Flüge über die Insel, ein paar schöne Wattbilder und diverse Blicke aufs Meer (Kamera: Thorsten Harms), aber ansonsten vor allem Schafe, die auf dem Deich mal von rechts nach links und dann wieder von links nach rechts durchs Bild laufen. Der Regisseur hat 2009 bereits mit seinem ersten Langfilm auf sich aufmerksam gemacht: Die episodisch inszenierte deutsch-türkische Hochzeitskomödie „Evet, ich will“ handelte von gleich vier Paaren, deren Ehelichung am Einspruch der Eltern zu scheitern droht. Nach der Kinokomödie „3 Türken & ein Baby“ (2015) hat er die sehenswerte ZDF-Sonntagsromanze „Fast perfekt verliebt“ (2019) gedreht. Mit seiner jüngsten Arbeit ist Akkus harmlos-heiteres, aber grundsolides und gut ansehbares Gute-Laune-Fernsehen gelungen, das sich nicht zuletzt durch seinen eher zurückhaltend inszenierten Humor auszeichnet. Dazu passt auch die sanfte Musik (Tim Neuhaus, David Schoch), die viel zu gut ist, um ständig durch Schmusepop unterbrochen zu werden.