Herr und Frau Bulle – Alles auf Tod

Alice Dwyer, Johann v. Bülow, Hildebrand, Janson. Das Huhn war nicht der Mörder

Foto: ZDF / Hardy Spitz
Foto Tilmann P. Gangloff

Im vierten Film mit Johann von Bülow und Alice Dwyer als Ermittler-Ehepaar ist die Handlung nicht ganz so raffiniert wie zuletzt. Immerhin ist die Geschichte vielschichtig. „Alles auf Tod“ aus der ZDF-Reihe „Herr und Frau Bulle“ (Eikon) beginnt mit einem mutmaßlichen Raubmord in einem Automatencasino. Während Fallanalytiker Heiko vom Auftakt eines Bandenkriegs ausgeht, glaubt Kripo-Kommissarin Yvonne an eine Beziehungstat. Der Gag an der Sache: Beide haben recht. Auf einer zweiten Ebene sucht eine interne Ermittlerin nach Beweisen für Yvonnes Kontakte zum organisierten Verbrechen. Die Bildgestaltung ist wie in allen Filmen von Regisseur Uwe Janson hochwertig, aber der Mix aus Krimi & Komödie ist in früheren Episoden der Reihe besser gelungen.

Wenn das Titelduo der ZDF-Reihe „Herr und Frau Bulle“ am Tatort erscheint und Zeugen befragt, ergeben sich mannigfaltige Möglichkeiten für heitere Momente. So kommt es zum Beispiel regelmäßig zu komischen Situationen, weil sich die beiden nicht einigen können, wer denn nun die Ermittlungen und somit auch das Gespräch führen soll, oder weil sich die Befragten darüber amüsieren, dass sich die zwei von der Polizei wie ein Ehepaar aufführen. Der Reiz der Reihe liegt nicht zuletzt im Kontrast zwischen diesen witzigen Elementen und dem Kaliber der behandelten Fälle: Axel Hildebrand, der bislang sämtliche Drehbücher geschrieben hat, hätte die Geschichten genauso gut als knallharte Krimis konzipieren können. Das gilt auch für den vierten Film, „Alles auf Tod“: Bei einem Überfall auf ein Automatencasino ist die Frau von Geschäftsführer Ibrahim Bekin (Ercan Durmaz) erschossen worden, er selbst hat ebenfalls eine Kugel abbekommen; der Täter war angeblich ein Huhn. Während Kripo-Kommissarin Yvonne Wills (Alice Dwyer) von einer kaschierten Beziehungstat ausgeht, weil die Gattin krankhaft eifersüchtig war, betrachtet LKA-Fallanalytiker Heiko Wills (Johann von Bülow) die Tat als Auftakt zu einem möglichen Bandenkrieg: Er ist überzeugt, dass irgendjemand das Imperium von Automatenkönig Pinninger (Ronald Nitschke) übernehmen will. Der Gag an der Sache: Beide haben recht.

Herr und Frau Bulle – Alles auf TodFoto: ZDF / Hardy Spitz
Ein Wiedersehen mit Onkel Mike (Heinz Hoenig). Yvonne Wills (Alice Dwyer) besucht ihren Patenonkel, der gerade mit dem Spielhallenkönig Edgar Pinninger hinter Gittern sitzt. Kann er ihr geheime Informationen liefern?

Um die Spannung zu erhöhen, bringt Hildebrand noch eine interne Ermittlung ins Spiel: Eine Kollegin namens Marx (Gisa Flake) hat sich fest vorgenommen, Yvonne aus dem Verkehr zu ziehen. Anlässe gäbe es zur Genüge, schließlich pflegt die Kommissarin gelegentlich einen etwas eigenwilligen Umgang mit den Gesetzen, aber Marx ist überzeugt, dass sie Kontakte zum organisierten Verbrechen hat. Tatsächlich hätte Yvonnes familiärer Hintergrund sie nicht gerade für eine Laufbahn bei der Polizei prädestiniert, weshalb ihre entsprechenden Angaben, milde formuliert, nicht ganz korrekt waren. Ihr Vorgesetzter, Kriminaldirektor Pede (Stephan Bissmeier), wusste zwar, dass Yvonnes Onkel Boss einer Rocker-Gang ist, und hat über die mitunter fragwürdigen Methoden seiner besten Kommissarin stets hinweggesehen; aber die Fakten, mit denen Marx ihn konfrontiert, kann er nicht ignorieren. Als die interne Ermittlerin auch noch Heikos Assistentin Springer (Birge Schade), die ihren Chef ohnehin keiner anderen gönnt, auf ihre Seite zieht, ist es um Yvonnes Zukunft bei der Polizei geschehen. Heiko selbst hat im Übrigen ebenfalls keine Ahnung von den Wurzeln seiner Frau.

Die Geschichte ist also durchaus vielschichtig, zumal mehrere Nebenfiguren für weitere Verdachtsmomente und somit für zusätzlichen Stoff sorgen. Außerdem konnte Regisseur Uwe Janson – „Alles auf Tod“ ist nach „Totentanz“ (2019) sein zweiter Beitrag für die Reihe – mit Lina Wendel (als Ehefrau des Automatenkönigs) und Filip Peeters (als Pinningers Geschäftspartner) namhafte Mitwirkende für vergleichsweise kleine Rollen gewinnen; Heinz Hoenig ist für einige kurze Gastauftritte ein zweites Mal nach dem Auftaktfilm „Tod im Kiez“ (2018) als Yvonnes Onkel zu sehen. Optisch ist der Krimi ohnehin sehenswert; Jansons Arbeiten zeichnen sich generell durch eine vorzügliche Bild- und Lichtgestaltung aus. Schon der Auftakt ist ein kleines Kunstwerk, als die Kamera  (Michael Tötter) erst einen als Huhn verkleideten Mann begleitet, der am Abend Werbezettel für einen neuen Chicken-Imbiss verteilt, und dann wie zufällig bei Bekin verweilt und ihn ins Casino begleitet.

Herr und Frau Bulle – Alles auf TodFoto: ZDF / Hardy Spitz
Sowohl das Ehepaar als auch das Quartett haben Potenzial, aber die Beziehungen und die Krimi-Ebene haben noch nicht den richtigen Ton gefunden. Alice Dwyer, Johann v. Bülow, Tim Kalkhof und Birge Schade

Soundtrack: Booker T. & The MGs („Green Onions“), Herbie Hancock (“Cantaloupe Island”), Howard Shore (“The Departet Tango”), Engelbert Humperdinck (“Spanish Eyes”), Michael Kiwanuka (“Cold Little Heart”), Mikhail Aleksandrovich (“O, Mojo Solntse”)

Die Handlung ist diesmal allerdings nicht ganz so raffiniert wie etwa in „Totentanz“, und auch die Mischung zwischen Krimi und Comedy ist im letzten Film („Abfall“, 2020) besser gelungen. Das hat nicht zuletzt schauspielerische Gründe. Dass Burak Yigit zum wiederholten Mal tief in sein Rollenfach „lustiger Kleinkrimineller mit türkischen Wurzeln“ greift, mag ja noch angehen, aber während zum Beispiel Alice Dwyer und Johann von Bülow in der Lage sind, mit bloßen Blicken ganze Abgründe an Süffisanz zu offenbaren, greifen einige Mitwirkende zu deutlich deftigeren Mitteln, wo Zwischentöne angebracht wären. Ob man es witzig findet, dass Yvonnes Kollege Kevin (Tim Kalkhof) zwecks Tarnung ebenfalls ins Hühnerkostüm schlüpft und dann als Gockel eine verdächtige Person verfolgen muss, ist wohl Geschmacksache. Wirkungsvoller sind jedenfalls die kleinen Gags am Rande, wenn Kevin, der Süßigkeiten nur schwer widerstehen kann, einen Doughnut klaut, oder wenn Heiko ein Beweisstück mit nach Hause nimmt, um das eheliches Liebesspiel ein bisschen aufzupeppen. Der Cliffhanger-Schluss schürt mit Erfolg die Neugier auf die Fortsetzung; gut möglich, dass Hildebrands nächstes Drehbuch den Arbeitstitel „Meine Braut, ihr Vater und ich“ trägt.

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Reihe

ZDF

Mit Alice Dwyer, Johann von Bülow, Tim Kalkhof, Birge Schade, Gisa Flake, Lina Wendel, Ercan Dumaz, Nico Holonics, Stephan Bissmeier, Heinz Hoenig, Burak Yigit, Ronald Nitschke

Kamera: Michael Tötter

Szenenbild: Olaf Rehahn

Kostüm: Corinna Baum

Schnitt: Tatjana Schöps

Musik: Andreas Koslik

Redaktion: Peter Jännert

Produktionsfirma: Eikon Media

Produktion: Michaela Nix

Drehbuch: Axel Hildebrand

Regie: Uwe Janson

Quote: 4,39 Mio. Zuschauer (14,2% MA)

EA: 24.04.2021 20:15 Uhr | ZDF

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