Frank Koops droht die Versetzung, die Polizeistation in St. Andreasberg soll eventuell aus Einspargründen geschlossen werden. Die eifrige Ministerialbeamtin Susanne Kramer (Nadja Bobyleva) taucht deshalb persönlich auf, um mal nachzuschauen, was Koops so zu tun hat in dem Harzer Kaff. Als die Dorfbewohner davon Wind bekommen, beschaffen sie dem beliebten Dorf-Sheriff einfach die nötigen Arbeitsnachweise. Ein Kind „verschwindet“, in der Kneipe zetteln zwei Frauen eine Schlägerei an und junge Männer rasen provozierend mit in die Höhe gereckten Pistolen durchs Dorf. Koops will deshalb erst mal nicht glauben, was ihm sein Freund, Briefträger Heiner Kelzenberg (Moritz Führmann), verkündet: „Wir haben ’nen Toten.“ Doch tatsächlich baumelt ein strangulierter Italiener vom Dach eines Hauses, in das sich ein weiblicher Feriengast einquartiert hat. Wir Zuschauer wissen da bereits, dass das Todesopfer die malende Frau heimlich beobachtet hatte und dabei abgerutscht war. Das Gemälde, an dem die Künstlerin arbeitete, war in einem Kloster in Kalabrien gestohlen und ausgetauscht worden, was einige Herren, mutmaßlich die Mafia, sehr verärgert. Logisch, dass das Organisierte Verbrechen mal wieder seine Aufwartung machen wird in St. Andreasberg.
Es ging schon härter, rasanter und spannender zu in der Reihe, der sympathische Kern bleibt aber auch unter der Regie von Anno Saul erhalten. Und wird noch in einem Punkt erweitert: Waren bisher der stoische Koops, sein etwas tolpatschiger Freund Heiner und dessen große Liebe, Koops Kollegin Mette (Anna Fischer), eher Einzelkämpfer gegen das Verbrechen, wird in „Die Fälscherin“ das gesamte Dorf miteinbezogen – zu Beginn, um die Versetzung Koops zu verhindern, und schließlich im Finale. Die Dorfgemeinschaft hält gegen die kriminellen Eindringlinge zusammen, nicht im Sinne einer hasserfüllten Fremdenfeindlichkeit, eher wie in einem Western, in dem man sich mit dem furchtlosen Sheriff solidarisch zeigt und die Revolverhelden in einer gemeinsamen Aktion verjagt. Das passt sehr schön zur Hauptfigur, der ja alles andere als ein „Harter Brocken“ ist.
Wieder schlurft der mit Aljoscha Stadelmann ideal besetzte Frank Koops als von seinen Widersachern stets unterschätzter Dorfpolizist durch die Handlung. Koops entspricht nicht gerade der bürgerlichen Idealvorstellung eines Ordnungshüters. Sein Erscheinungsbild lässt es an Ordnung eher vermissen: offenes Hemd, gemütlicher Bierbauch, wirres Haar. Auch fühlt sich Koops nicht zu Höherem berufen, ist in St. Andreasberg „einfach hängen geblieben“. Er sei Polizist geworden, um „Leute zu schützen“, sagt Koops. Er ist ein „Schutzmann“ im besten Sinne, und das ohne jede Biederkeit, wie es der etwas verstaubte Begriff nahe legen könnte. Stattdessen blitzen bei Koops in jeder Folge ungeahnte Fähigkeiten auf, hier ist es sein Kunstverstand. Mühelos identifiziert er das Gemälde „Keelmen Heaving in Coals by Moonlight“ von William Turner (1775-1871), das bei der vermeintlichen Restauratorin, die sich als Kunstfälscherin Anna Sorenko (Katharina Heyer) entpuppt, auf der Staffelei steht.
Die schöne Ironie der von Holger Karsten Schmidt ersonnenen Reihe besteht nicht zuletzt darin, dass dieser Anti-Held Koops, eine Art Gegenentwurf zu schießwütigen Großstadt-Cops, jedes Mal in dichten Kugelhagel gerät. „Harter Brocken“ ist Thriller und komödiantischer Dorf-Krimi zugleich, eher ein abenteuerliches Vergnügen als ein klassischer Ermittlerfilm. Wobei die Mafia-Figuren in „Die Fälscherin“ wie schmalbrüstige Parodien auf Kino-Legenden wirken und der Witz mit den weiblich klingenden italienischen Vornahmen Andrea, Simone und Gabriele auch einen ziemlichen Bart hat. Einen realen Hintergrund hat die Geschichte aber auch: Die Mafia wäscht ihr Geld aus kriminellen Geschäften unter anderem mit dem Handel von wertvollen Kunstwerken. Im Film kommt ihr die Fälscherin Sorenko in die Quere, die von Koops erst enttarnt, dann beschützt und auch in kreativer Hinsicht gefördert wird: „Identität beginnt mit dem eigenen Ausdruck“, weiß der Kunst-Sachverständige Koops. Ein bisschen Melancholie umweht diesen Dorf-Sheriff halt auch – bedenkt man all die folgenlosen Flirts mit den attraktiven und meist kriminellen Sidekicks. Koops taugt sicher nicht zum Sexsymbol, aber eine Art Frauenheld ist er schon. Doch während er seinem Kumpel Heiner mal wieder in Beziehungsfragen auf die Sprünge helfen muss, bleibt dieser „Schutzmann“ allein, schnitzt auf der Bank vor seiner Polizeiwache eine neue Figur aus Speckstein und lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. (Text-Stand: 26.11.2020)