Die Wirtschaftskrise macht auch vor der Idylle des Bayerischen Waldes nicht halt. Die Schließung der örtlichen Glashütte lässt die fromme Gemeinde allenfalls beten, auf die Barrikaden geht keiner. Nur die drei Frauen vom Tante-Emma-Laden wollen nicht klein beigeben und kommen per Zufall auf eine lukrative Geschäftsidee: Telefonsex für die unterversorgte Landbevölkerung. Doch Maria, Waltraud und Lena müssen auch was bringen für ihr Geld. Anleitungen zum Liebesgeflüster suchen sie im Lust-Klassiker „Die Geschichte der O“ und im Sexshop der benachbarten Domstadt Regensburg. Und so gehen nach den ersten Blamagen die Stöhnkonzerte den drei Telefonistinnen bald immer leichter von den Lippen. „Hier ist Maja, wie die Biene, nur viel heißer“, verspricht Maria und zwischendurch wird orgiastisch gegackert. Die Kunden sind zufrieden. Dass allerdings Jungspund Lena arg locker mit den Scheinen herumwirft – das schürt Misstrauen bei den bigotten Dörflern.
„Der Regisseur hat uns ein paar mitgeschnittene Gespräche solcher Hotlines vorgespielt. Wenn man es dann selber machen muss, kostet das erst mal Überwindung. Je länger wir aber gedreht haben, umso schamloser sind wir geworden. Man wächst schnell rein in den Jargon und wird ungenierter.“
(Gisela Schneeberger in der „Süddeutschen Zeitung“)
Foto: ZDF / Michael Manke
Die eine hat eine schlechte Verdauung und keinen Mann. Die andere hat einen Mann und ist auch nicht glücklich. Und die Dritte angelt sich immer die Falschen. Der Kino-Koproduktion „Eine ganz heiße Nummer“ gelingt höchst unterhaltsam der Spagat zwischen Dorfschwank, Frauenfilm und regional gefärbter Sittenkomödie à la Rosenmüller. Aus dem, was einige Kritiker zur Kino-Premiere als „Unentschiedenheit“ bemängelten, entsteht eine facettenreiche, entspannt erzählte Geschichte, die sich sowohl mit allzu sozialkritischen Botschaften als auch mit überzogenen Schlüpfrigkeiten angenehm zurückhält. Zwischen leiser Melancholie, äußerst lebensnahen(!) Anzüglichkeiten und knackiger Komik ist die Tonlage des Films von Markus Goller („Friendship!“) nach dem Drehbuch & dem Roman von Andrea Sixt angesiedelt.
Ein Pfund sind die Schauspieler, insbesondere die der Dreimäderlhaus-Charaktere: Gisela Schneebergers Waltraud hat – erwartungsgemäß – die spitzeste Zunge (& ziemlich schlechte Zähne); aber auch Rosalie Thomass Lena liebt’s deftig – und sie nimmt kein Blatt vor den Mund; während Bettina Mittendorfers Maria, die dichteste Figur, nach dem Leitspruch „Stille Wasser, die sind tief“ agiert. Mittendorfer ist die Entdeckung des Films. Die Schauspielerin, die bisher in Filmen wie „Sommer in Orange“, „In aller Stille“ oder „Sau Nummer vier“ selten über die Nebenrolle des tratschigen Dorfweibs hinaus besetzt wurde, darf in „Eine ganz heiße Nummer“ endlich einmal kratzen an ihrer (Rollen-)Maske katholischer Kleinbürgerlichkeit: und siehe da, es erscheint ein Gesicht, das sich auch für ganz andere Rollen aufdrängt. Nicht umsonst bekam die Niederbayerin für ihre Maria den Bayerischen Filmpreis 2011.