Dieser Urlaub war anders geplant. Er sollte für Tinka (Anna König) und Jürgen (Janek Rieke) der Startschuss ins gemeinsame Glück werden. So richtig romantisch hat sich das die stets gut gelaunte Krankenschwester vorgestellt. Endlich eine Familie, endlich ein richtig netter Papa für ihren zwölfjährigen Sohn Paul (Arsseni Bultmann). Doch dann kommt irgendwie alles ganz anders. Auf Tinkas Heiratsantrag reagiert Jürgen emotional überfordert, und die Idee, die Familienplanung damit zu verbinden, auch gleich noch die Freunde ihres Traummannes mit ins Urlaubsboot zu holen, war keine gute. Denn Diana (Caro Scrimali) und Lars (Philipp Hochmair) entpuppen sich als Störfaktoren für einen entspannten Urlaub: Wegen eines Buchungsfehlers ziehen sie und ihre Tochter Charlie (Lena Mayr) mit in das Ferienhaus des frischverliebten Paares, sorgen damit für beengte Verhältnisse und können so ihre handfeste Ehekrise nicht länger verheimlichen. Als dann auch noch der Erfolgsarchitekt seinem alten Partner, der mit einer Insolvenz kämpft und deshalb eine Stelle beim Hochbauamt angenommen hat, einen lukrativen Job als Bauleiter eines Prestigeprojekts in Dubai anbietet, scheinen Tinkas Familienträume endgültig vom Wüstensand verweht zu werden.
Die Perspektive und Pointierung dieser Plot-Beschreibung vermitteln sich in den 90 Minuten des ARD-Freitagsfilms „Ein Ferienhaus auf Teneriffa“ nur unzureichend. Unklar bleibt, was Autor Johannes Rotter („Kehrtwende“, der Ausnahme-„Bloch – Das Labyrinth“) in erster Linie erzählen möchte: die Gegensätze zwischen den beiden Pärchen oder die Probleme, die sich aus der Urlaubsreise für das romantische Hauptpaar ergeben? Die Narration eiert zwischen beidem unentschlossen hin und her. Das lenkt von vornherein die Aufmerksamkeit auf die „Charaktere“. Aber auch bei Tinka, Jürgen & Co gibt es nur wenig zu entdecken: Es sind Figuren, die einen weder besonders interessieren, noch einem sonderlich sympathisch sind, weil sie über den Typen-Status – um nicht zu sagen: ihr Klischee-Image – nicht hinauskommen. Und sie wirken immer wieder peinlich, weil sie in völlig durchschaubaren Situationen interagieren müssen. Diesen Figuren fehlt es an Wahrhaftigkeit. Die Sehnsucht nach dem kleinen Glück und eine weibliche Hauptfigur mit dem Herz am rechten Fleck mögen Authentizitätsgaranten für die „Endlich-Freitag“-Klientel sein, eine plausible Psychologie ergibt sich daraus nicht. Da reicht es auch nicht, dass sich wenigstens jene Fremdschäm-Tussi im Laufe der Handlung zu einer verantwortungsvollen, einfühlsamen und lebensklugen jungen Frau entwickelt oder dass die Reaktion der betrogenen Gattin im Angesicht dieser beiden frisch Verliebten entsprechend verbittert ausfällt. Und auch die an sich passable Besetzung sorgt für keine Linderung der dramaturgischen Mängel. Jeder darf nur sein eigenes Rollen-Image als Schauspieler reproduzieren oder das seiner Figur klischeehaft ausagieren. Anna König ist die Patente mit Schmackes, Janek Rieke („Ich hab’s wieder vermasselt“) einmal mehr der Leisetreter und Bedenkenträger, der nette Mann, der sich nicht traut, Philipp Hochmair („Fuß aufs Gas“) verkörpert den Macher, der sich nimmt, was er will, und Caro Scrimali bleibt da nur die Rolle der Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Wäre das Ganze eine Komödie (man erinnere sich an die Alte-Freundinnen-Konstellation in „Zur Hölle mit den anderen“), könnte eine solche Typisierung funktionieren. Der Film besitzt aber nicht die für dieses Genre notwendige Grundierung, selbst den Figuren fehlt es an Witz oder einer durchgehaltenen Ironie-Ebene; sieht man von der gelegentlichen Überdrehtheit der weiblichen Hauptfigur ab, die damit offenbar die alten Freunde ihres Mannes für sich gewinnen möchte. Und weil der Pool im Ferienhaus förmlich dazu einlädt, dass die Urlauber in ihm irgendwann einmal voll bekleidet baden gehen müssen, endet selbst diese potenziell komische Situation im Klamaukhaften. Regisseurin Sabine Bernardi („Club der roten Bänder“) und vor allem Autor Rotter hatten ohnehin wohl eher eine Dramedy im Sinn. Reingepackt haben sie jedenfalls reichlich thematischen Ballast: Da ist die „Liebe“ als Zentrum des Spiels, einmal in der romantischen Anfangsphase, einmal in der desillusionierten Endphase, hier geistert der Heiratswunsch durch die Handlung, dort dominiert die Lieblosigkeit des fremd gehenden Ehemanns, da ist das Bildungsgefälle, da sind die unterschiedlichen persönlichen Stile, Geld spielt natürlich auch eine gewichtige Rolle und da ist schließlich die riesige Diskrepanz zwischen den beiden alten Freunden. „Ein Ferienhaus auf Teneriffa“ ist ein Paradebeispiel dafür, dass sich (allein) mit Gegensätzen keine gute Geschichte bauen – geschweige denn erzählen – lässt. Bernardis Inszenierung verlängert das unausgegorene Drehbuch freitagsfilmtauglich in die TV-Bildwelt – das ist weder besonders bemerkenswert, noch gibt es allzu viel zu meckern. Und so ist diese Degeto-Produktion nicht mehr als eine ziemlich ausgedacht wirkende, lauwarme Dramödie unter kanarischer Sonne, die sich weder ernst nehmen, noch lustvoll beschmunzeln lässt.