Einer fehlt beim neunten Krimi aus der Reihe „Die Toten von Salzburg“: Major Palfinger ist zur Kur, macht dort digital detox. Am Ende sollte er kurz im Film auftauchen, doch das ZDF hat in Absprache mit der Produktionsfirma die Szene entfernt, da bekanntlich Ermittlungen gegen Florian Teichtmeister wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials laufen und der Schauspieler das auch weitgehend zugegeben hat. So darf Fanny Krausz als Palfingers Kollegin Irene Russmeyer (Fanny Krausz) einen Fall in erster Reihe lösen; unterstützt vom bayerischen Kollegen Hubert Mur (Michael Fitz) sowie Hofrat Seywald (Erwin Steinhauer), der wie immer viel im Kaffeehaus sitzt. Der Tatort liegt im Salzburger Kapuzinerkloster. Das will sich der Welt öffnen, veranstaltet auf Initiative von Palfingers Bruder Sebastian (Simon Hatz) Selbstfindungsseminare und lässt archäologische Grabungen durchführen, die die letzte Ruhestätte einer sagenumwobenen Bajuwarenherzogin samt wertvoller Beigaben freilegen sollen. Nur liegt zum Ärger der ehrgeizigen Archäologin unter der Erde kein Schatz, sondern ein Skelett eines im Zweiten Weltkrieg gefallenen britischen Piloten. Die Verletzung am Schädel ist ein Einschussloch, das auf eine Hinrichtung hindeutet. Tags darauf gibt es eine „frische“ Leiche. Mönch Gereon, der gegen die Ausgrabungen war, wurde niedergeschlagen und ins Erdloch geworfen. Neben der Archäologin ist auch ein bajuwarischer Heimatforscher namens Engelmann (Francis Fulton-Smith) unter den Verdächtigen. Er weilte zur Tatzeit im Kloster. Sein Verein, der die „ausländische Aneignung von bayerischen Schätzen“ verhindern will, ist in Bayern. Und so sucht Irene Russmeyer Hilfe beim Kollegen Mur…
Foto: ZDF, ORF / Birgit Probst
Mord und Totschlag hinter Klostermauern, ein vergrabenes Geheimnis und ein unerwünschter Zeuge. Der neunte Krimi aus der Reihe „Die Toten von Salzburg“ wird zu einer mysteriösen Mission für die Ermittler. Drehbuchautorin Maria Hinterkörner schrieb für das erfolgreiche deutsch-österreichische Projekt bereits „Schwanengesang“ (2021). Der Film beeindruckte durch eine fein austarierte Mischung aus Spannung und Witz. Diese Balance fehlt in „Schattenspiel“. Die Reihe lebte zuletzt vor allem von den immer beiläufiger präsentierten Sticheleien der beiden Ermittler Palfinger und Mur, ihrem Zusammenspiel, ihrer Rivalität, den unterschiedlichen Temperamenten, den launigen Frotzeleien. Hier Palfinger, trocken, zielstrebig, eingeschränkt in der Physis, aber kombinationssicher und einfallsreich. Da Mur, dieser mal ironische, stets kauzig-kantige Typ. Wenn nun diese Ebene fehlt, insbesondere das Dialog-Pingpong, dann kippt die Tonlage. Ermittlerin Russmeyer und Mur agieren allein Fall-orientiert, und sie schätzen sich zu sehr. Dem Unterhaltungswert ist das freilich abträglich.
Alle Neune heißt es für Stammregisseur Erhard Riedelsperger. Der hat alle Krimis der Reihe in Szene gesetzt, führt routiniert durch die Settings. Und er setzt diesmal sogar auf ein wenig Action – zumindest in den Rückblenden, die in die Zeit des Zweiten Weltkriegs führen. Dafür wurden teilweise Szenen mit Panzern und mit deutschen Wehrmacht-Soldaten gedreht. Nun, den Passagen merkt man an, dass der Etat für den Film nicht allzu viele Möglichkeiten bot. Die Krimistory dieses Gebrauchskrimis ist durchgehend stark verschachtelt, steckt voller, zuweilen überraschender Wendungen. Es gibt Rückblenden, parallele Handlungsstränge, doch der Erzählung mangelt es an Stringenz und manches wirkt überkonstruiert.
Das größte Manko des Films liegt in den Figuren. Klar, Fanny Krauss als taffe Ermittlern und Old-School-Mime Erwin Steinhauer als Hofrat überzeugen. Sie, weil sie ohne Palfinger mehr Spielmöglichkeiten hat, Entscheidungen alleine treffen und verantworten muss. So ist sie noch eine Spur tougher und schlagfertiger, wächst letzten Endes fast ein bisschen über sich hinaus. Er, weil er den feinen österreichischen Schmäh in die Geschichte bringt. Wenn er im Kaffeehaus sitzt und mit Oberkellner Wolfgang über Benimmregeln plaudert, dann gehört das zu den wenigen Momenten schöner Leichtigkeit. Doch die Figuren um die beiden und den bayerischen Kollegen Mur herum bleiben durchweg blass: Obmann Engelmann und sein Heimatverein mit stramm-fanatischen Zöglingen („Engelmann ist ein Held“) wirken so steif, leblos und klischeehaft, dass er fast schon ärgerlich ist. Aber auch der Schriftstellerin mit Schreibblockade, der sensationssuchenden Archäologin und dem zu Aggressionen neigenden Bullen, der beim Joggen die Leiche findet („Mir ham da an 566er liegen“), fehlt es an Kontur. Das Ganze ist – wie der Österreicher zu sagen pflegt – reichlich fad.(Text-Stand: 11.1.2023)