Die Hummel

Jürgen Tonkel, Inka Friedrich, Sebastian Stern. Reicht einem eine 3– für sein Leben?

Foto: BR / Hendrik Heiden
Foto Rainer Tittelbach

Ein Vertreter im freien Fall. Pit, Ende 40, Single, ist bankrott und doch spielt er allen den Erfolgreichen vor. Die eigene Unsicherheit versteckt dieser zum Scheitern Verurteilte hinter einer Fassade aus Gewinner-Rhetorik und protzigen Erfolgssymbolen. Jedes Gespräch endet unausweichlich in einem Verkaufsgespräch. Jürgen Tonkel spielt jenen Pit unnachahmlich. Inka Friedrich ist die Jugendliebe, die bald mehr als nur etwas bei ihm kaufen soll. Ein spröde charmanter HFF-Abschlussfilm mit bayerisch eingefärbtem, lakonischem Humor.

Vertreter Pit befindet sich im freien Fall. Der Single, Ende 40, hat viel Geld in eine Abzock-Firma gesteckt, für die er überteuerte Schönheitsprodukte an die Frau zu bringen versucht. Dabei erinnert er sich bevorzugt an Freundinnen aus seiner Sturm-und-Drang-Zeit. Jugendliebe Christiane, unglücklich in ihrer Ehe, ist das aktuelle „Opfer“. Mit ihr könnte mehr gehen. Bei ihr könnte Pit vielleicht den Mut haben, seine aussichtslose Situation zu überdenken und nicht allen länger den erfolgreichen Geschäftsmann vorzuspielen. Doch zunächst verschweigt er den Niedergang seiner bürgerlichen Existenz. Er zieht nach der Zwangsvollstreckung seines Hab und Guts unter falschem Vorwand beim Gothic-Sohnemann ein. Bald bleibt ihm nur noch seine Vertreterkarosse. Doch die ist bald auch noch weg.

Die HummelFoto: BR / Hendrik Heiden
Christiane will endlich mehr von ihrem Leben als eine 3-. Weiß sie schon, dass ihr Jugendfreund seinem Leben allenfalls eine 5+ geben könnte? Tonkel & Friedrich

Die Hummel ist ein Tier, das eigentlich viel zu unproportioniert ist und viel zu kurze Flügel hat, um zu fliegen. Sie tut es dennoch, weil sie davon nichts weiß. Mit dieser Metapher und den dazu gehörigen Hummel-Menschen spielt Sebastian Sterns „Die Hummel“. Im Zentrum steht einer, der allen – inklusive sich selbst – etwas vormacht. Die eigene Unsicherheit versteckt dieser zum Scheitern Verurteilte hinter einer Fassade aus Gewinner-Rhetorik und protzigen Erfolgssymbolen. Jedes Gespräch endet unausweichlich in einem Verkaufsgespräch. Jürgen Tonkel spielt jenen Pit unnachahmlich. In „Über den Tod hinaus“ hat er bereits ein Jahr zuvor die Rolle des verzweifelten Vertreters am Rande der Selbstverachtung kräftig üben können. Inka Friedrich ist Christiane, eine ehrliche Haut. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich deine Welt mag“, wirft sie leise in eine Unterhaltung mit dem sich in Lügen Verstrickenden. Sich selbst etwas vorzumachen, sich die Realität schönzureden, diese Überlebensstrategie ist ihr nicht fremd. Doch ihr reicht eine Drei minus nicht länger als Schulnote für ihr Leben.

„Die Hummel“ ist eine Charaktertragikomödie. Sie zeigt ein Stückchen deutsche Realität, die zuletzt sterbende Hoffnung in einer emotionalen Einöde, in der das (sich) Verkaufen alles ist. Dabei gelingen Sebastian Stern mit Hilfe zweier großartiger Hauptdarsteller unvergessliche Momente, in denen die Verzweiflung die Groteske küsst. „Die Hummel“ ist ein Abschlussfilm der HFF, mit geringen Mitteln gedreht. Da heißt es, das Potenzial des Filmemachers erkennen, den bayerisch eingefärbten, lakonischen Humor und den spröden, eigenwilligen Charme der Erzählung, und über die kleinen dramaturgisch-inszenatorischen Schwächen hinwegsehen.

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Kinofilm

BR

Mit Jürgen Tonkel, Inka Friedrich, Michael Kranz, Steffi Reinsperger, Gerhard Wittmann, Christian Pfeil

Kamera: Sven Zellner

Szenenbild: Markus Dicklhuber, Tobias Maier

Schnitt: Wolfgang Weigl

Produktionsfirma: Loopfilm, made in munich

Drehbuch: Sebastian Stern, Peter Berecz

Regie: Sebastian Stern

EA: 15.08.2011 22:45 Uhr | ARD

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