„In dem Moment, wo mein Kopf unter ihrem Rock steckte, hatte ich gleich so ein warmes Gefühl“, erinnert sich Siegfried Müller, der traurige Held in der Komödie „Die Frau des Frisörs“. Er hätte mit dem Kopf denken sollen. Jetzt hat er den Salat: Haus weg, Salon weg und seine große Liebe auch. Und so will der Frisörmeister – gewissenhaft wie es nun mal seine Art ist – aus dem Leben scheiden. Gerade hat er seinen Kopf in die sorgfältig geknüpfte Schlinge gesteckt – da hört er die Ladenglocke. Der, der sich da ausgerechnet am Montag die Haare schneiden lassen möchte, wird zum Lebensretter und zum aufmerksamen Zuhörer.
Fast fünf Jahre hielt die Ehe des ungleichen Paars. Immerhin. Schließlich ist er ein emotional gehemmter Barbier, den die Leidenschaft offenbar nur beim Haare schneiden überkommt und der allen anderen aparte Frisuren zaubert, sich selbst aber nur einen Mecki-Schnitt gönnt. Und sie ist eine Schönheit, die verwöhnt werden will. Durch Zufall verschlug es sie in das brandenburgische Nest, in dem die Müllers seit Generationen jenen Frisiersalon führen. Ein einsames und ein verletztes Herz fanden sich. Siegfried, ein verliebter Mann vom alten Schlag, tat hinfort alles für seine große Liebe. Damit Vera sich ihren großen Traum von der Modedesignerin erfüllen kann, nimmt er einen Kredit auf und verpfändet alles, was er hat. Während der Frisör seinem Kunden seine tragikomische Liebesgeschichte erzählt, die der Film in langen Rückblenden zeigt, keimt Hoffnung auf. Immerhin soll die schöne Vera einen Millionen-Betrag im Lotto gewonnen haben! Doch dann sieht man wieder diese traurige Gestalt und hört etwas von Banküberfall, Geiselnahme… Happy End?
Schön, dass „Die Frau des Frisörs“ eine Komödie ist. So bleibt Hoffnung für die Liebe. Und weil in dem Film nicht der traditionelle romantische Zuckerguss auf allem klebt, will man sich als Zuschauer die Hoffnung auch nicht nehmen lassen. Vor allem im Detail stimmt dieser Film, der mit viel Fantasie und erzählerischer Freiheit Kluges mit Klamauk, Sanftes mit Grellem mischt – und so immer wieder für Überraschungen gut ist. Die Ausstattung von Matthias Klemme ist liebevoll, der Soundtrack abwechslungsreich und die Inszenierung bodenständig wie die Landschaft. „Die Region ist ein dankbarer Fundus“, so Autor Pflüger.
Auch beim Personal reicht die Palette von kraftvoll-kernig über wunderbar schräg bis zu hoch erotisch. „Ohne Rücksicht auf Eitelkeiten haben sich die Schauspieler in ihre Rolle gestürzt“, so Regisseur Ruzicka. Der Spaß ist ihnen anzusehen. Und das, obwohl die Komik Opfer fordert. „Jede der Hauptfiguren hat ein Alleinstellungsmerkmal, etwas Unverwechselbares, Hervorstechendes“, sagt der Autor. Bei Siegfried Müller sind es Dank des großartigen Dominique Horwitz’ die Ohren. Es gibt außerdem das raumgreifende weibliche Kraftpaket in Form von Annette Paulmann, und Nadeshda Brennicke, die sonst stets den erotischen Part zu spielen hat, muss die Vogelscheuche geben. Mit sichtlich großer Lust auf Dekolleté begegnet einem dagegen Muriel Baumeister, dessen traumwandlerischer Blick die Tonlage dieser köstlichen, kleinen Komödie zudem punktgenau trifft. (Text-Stand: 27.10.2008)