Man nannte sie Romeos, jene Agenten der DDR, die sich gezielt an westdeutsche Frauen in Ministerien und Behörden heranmachten, um sie zur Herausgabe geheimer Dokumente zu überreden. Oft waren diese Männer verheiratet. Und oft gingen sie Scheinehen mit ihren weiblichen “Zielobjekten” ein, um den Informationsfluss zu gewähren. Die Stasi stellte falsche Priester oder falsche Eltern zum Festakt zur Verfügung. Ein absurdes Szenario. Oft führten jene Romeos über mehrere Jahre ein solches Doppelleben. Am Ende landeten die Spioninnen aus Liebe hinter Gittern, während die Männer in der Regel vergnügt weiterlebten.
Nach dem Grimme-Preis-gekrönten Fernsehfilm “Romeo” mit Martina Gedeck hat sich nun Margarethe von Trotta an diese bizarre Fußnote der DDR-Geschichte gemacht. Sie und ihre Drehbuchautorin Pamela Katz haben die Perspektive auf die Ehefrau eines Stasi-Romeos hin verschoben. Barbara Auer spielt Yvonne Schumacher, die mit einem Brief, in dem von der Untreue ihres Mannes die Rede ist, in eine Haftanstalt gelockt wird. Hier lebt seit fast fünf Jahren Vera Glaubitz, uneitel von Barbara Sukowa gespielt. Die ehemalige Sekretärin im Auswärtigen Amt ist wegen Landesverrats verurteilt worden. Kurz vor ihrer Entlassung will sie Rache nehmen, aber sie hegt auch einen Plan, um ins Leben zurückzufinden.
Als ehemalige Rivalinnen sitzen sie sich gegenüber. Im Gefängnis beginnt ein Machtspiel, bei dem die Ehefrau die schlechteren Karten hat. Nach den Gesprächen sieht Yvonne ihren Stefan zunehmend mit anderen Augen. Sie sieht den Lügner. Doch sie sieht auch den Mann, der sie liebt. Sie ist verwirrt, weiß nicht mehr, was und wem sie glauben soll. Die Version von Stefans Missionen als “Friedensforscher” und seiner Untreue im Dienste der Partei klingen anders als Veras Worte vom überirdischen Sex und vom leidenschaftlichen Ost-Liebhaber.
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“Die andere Frau” beginnt als Duell und wächst sich zum Dreikampf aus, an dessen Ende eine Art Verschwisterung der Frauen steht. Der kammerspielhafte Film ist mehr als eine Stasi-Romeo-Geschichte. “Es ist keine rein politische Story, sondern eine Dreiecksgeschichte mit einer immensen psychologischen Spannung”, betont von Trotta. Dass die auf drei Figuren reduzierte Geschichte trägt, liegt an der nicht chronologischen Erzählweise und vor allem an Zeichnung und Besetzung der Romeo-Rolle. Stefan Kurt spielt ihn als Verdrängungskünstler und nicht als “reinen Eins-zu-Eins-Bösewicht”, sondern auf eine Art, “dass man ihn irgendwie auch begreifen kann”, so Margarethe von Trotta. (Text-Stand: 14.4.2004)