Früher war Robert Hellkamp ein echter Bulle. Heute ist er der Mann für die Aktenpflege beim LKA. Wegen einer Tatort-Phobie drängt ihn sein Chef, den Dienst zu quittieren. Doch Robert liebt seinen Beruf – trotz Panikattacken. Sein Traum ist eine Ausbildung zum Profiler. Dass dieser Mann nicht anders kann, als immer polizeilich im Dienst zu sein – diesen Eindruck gewinnt auch Friseurin Rita. Dass sie ihn zum Chef „macht“, lässt er unwidersprochen. Doch ob Kripo-Chef oder nicht – gemeinsam mit der Hobbyautorin wächst der Innendienstler über sich hinaus. Er klärt einen Todesfall auf im Haus der Tochter seiner Angebeteten – und bringt einen gesuchten Gewaltverbrecher zu Fall. Ein Supermann. Muss man da noch Chef sein?!
„Der Mann, der alles kann“ ist ein gelungener Versuch, Krimikomödie und Romantic Comedy in eine stimmige Passform zu bringen, bei der die Degeto-Zielgruppe nicht davonlaufen dürfte. Krimi mit Augenzwinkern wird häufig versucht und klappt selten. In der Geschichte von Autor Norbert Eberlein übernimmt von Anfang an die Komödie die Regie. Der Krimi(fall) erfüllt zum einen die Funktion, die Männerrollen auszuloten, und dient zum anderen als „Medium“ und zugleich als „Barriere“ zwischen dem Paar, das sich zwar näher kommen möchte, dessen Dates aber immer wieder – ermittlungstechnisch begründet – ein vorzeitiges Ende finden. Gut ausgedacht sind auch die Figuren: Da ist der verhinderte Superermittler, seelisch und körperlich ein Wrack, der sichtlich erblüht durch die Liebe. Ein Mann von gestern, der das Gute lebt und das Schöne liebt, seinen Volvo-Oldtimer zum Beispiel, Ray Charles oder das Lächeln seiner Rita. Peter Heinrich Brix scheint hier seine Rolle gefunden zu haben in einem Genre, in dem (und das ist kein Zufall) einst Heinz Rühmann reüssierte. Die weibliche Hauptfigur ist nicht so viel Eigensinn gegeben, dafür erfährt sie am Ende zumindest als Schriftstellerin eine Aufwertung. Anica Dobra spielt das mit der ihr eigenen Leichtigkeit.
Oft ist die Lüge wahrer als die Wahrheit – ein Dialog:
Rita: „Kann man jemandem, der so gelogen hat, jemals wieder irgendetwas glauben?“
Robert: „Also, ich würde sagen – ja. Ich bin sehr für die Wahrheit, aber manchmal entwickelt sich ja auch so eine Lüge aus einem Missverständnis. Zum Beispiel. Und plötzlich hat man Angst, etwas Kostbares zu verlieren, wenn man die Wahrheit sagt. Zum Beispiel.“
Rita: „Aha, und was wollen Sie damit sagen? Zum Beispiel?“
Das Besondere an „Der Mann, der alles kann“ steckt einmal mehr im Detail. Die beiden Helden, zwei Idealisten, werden geleitet durch ihre Träume, die in Wünsche übergehen und Wahrheit werden. Nicht die retardierenden Momente haben in dieser Krimikomödie auf dem Weg zum Glück das Sagen, vielmehr wird das Innenleben der Figuren auf die Handlung projiziert. Entsprechend angenehm „harmlos“ löst sich so auch die Lüge des LKA-Archivars auf. Die Lüge ist eben manchmal wahrer als die Wahrheit, weil sich in ihr die geheimsten Sehnsüchte verstecken. So gelungen diese kleine filmische Seifenblase, die Regisseurin Annette Ernst wunderbar sommerlich frisch inszeniert hat, auch sein mag und so wünschenswert eine Fortsetzung wäre – so schwer ist sie vorstellbar: denn würde Robert mit der Kraft der Liebe dauerhaft zum Profiler werden, wäre das eine große Herausforderung an die künftigen Autoren. Die Stärke ist die Beziehungskomödien-Dominanz und sie sollte auch das Zentrum bleiben. Die Gefahr, dass Brix als besserer Degeto-Donnerstagsermittler verheizt wird, ist groß. Also heißt es an der „Beziehung“ arbeiten. Vielleicht lohnt ja ein Blick in die Screwball-Golden-Hollywood-Reihe „Der dünne Mann“?! (Text-Stand: 5.1.2012)