Peter und Nina sind um die 40, haben zwei Kinder – und wohnen nicht mehr unter einem Dach. Peter spricht von einer nur vorübergehenden Trennung. Deshalb ist er auch nur ins Gartenhäuschen (aus)gezogen, obwohl ihm Nina immer wieder Wohnungsanzeigen in die Hand drückt. Er begreift die Lage erst, als Thorben im Haus ein- & ausgeht, ein Zahnarzt mit breiten Schultern zum Anlehnen, den seine künftige Ex-Frau offenbar schon länger kennt und den sie zu lieben scheint. Ein One-Night-Stand mit einer Hundefriseurin, einem Blondinenwitz auf zwei Beinen, zeigt bei der bereits entliebten Nina unerwartet Wirkung. Doch dann arbeiten beide „an der harmonischsten Trennung aller Zeiten“. So richtig gut klappt es erst, nachdem sich auch Peter wieder ernsthaft verliebt hat – ausgerechnet in die Mathe-Lehrerin seiner Tochter. Weshalb dann nur dieser romantische Rückfall mit Rotwein und Sex im Gartenhäuschen!? Das finden selbst die Kinder nicht mehr witzig. „Werdet mal erwachsen!“
Foto: ZDF / Thomas Kost
„Der Klügere zieht aus“ ist eine Beziehungskomödie, die sich von den Mustern der Romantic Comedy emanzipiert hat und die sich nur in der ersten Hälfte an das klassische Subgenre der „Remarriage Comedy“ à la „Ehekrieg“ oder „Die Nacht vor der Hochzeit“ anlehnt. Das ist launig, die Eskapaden des Gatten fordern gelegentlich zum Fremdschämen heraus, aber diese komödiantisch überzogenen Selbstschutzmechanismen, hinter denen sich natürlich echte Gefühle, insbesondere Verletzungen, verbergen, hat man so ähnlich schon tausendfach gesehen. Da ist der Ton, den die Drehbuchautoren später anschlagen, der auch in filmischer Hinsicht erwachsenere. In der zweiten Hälfte wandeln David Ungureit und Ko-Autor Marc Terjung auf den Spuren von Nick Hornbys Alltagsbeschreibungen. Die Gemeinschafts-Philosophie, die er in „About A Boy“ aufleben lässt, und seine mediale Liebesobjekt-Theorie, die sich durch seinen Pop-Roman „High Fidelity“ zieht, finden Eingang in die Handlung von Christoph Schnees ZDF-Komödie. Da werden Parallelen gesucht zwischen Musik und Liebe, zwischen Paaren und Platten. Weshalb werden frühe Songs einer Band oft als aufregend empfunden und späte Platten nur als müder Aufguss? fragt sich Peter beim Auflösen der gemeinsamen CD-Sammlung – und er gibt dazu das Beispiel Coldplay. Tage später würde er gerne eine optimistischere Pop-Liebes-Gleichung aufstellen. Die Beatles fallen ihm ein: „Die wurden immer besser.“ Nina kontert: „Aber auch die haben sich getrennt.“
Soundtrack: Del Amitri („Roll to me“), Incubus („Love hurts“), Adele („Lovesong“), Bright Eyes („First day of my life“), Burt Bacharach („The Look of Love“ & „What the world needs now is love“), Two Door Cinema Club („Something good can work“), Junip („Always“), Damian Rice („The Blower’s Daughter“), Coldplay („Trouble“ & „Fix you“)
Foto: ZDF / Thomas Kost
Diese Pop-Diskürschen wirken ein bisschen aufgesetzt. Sie können nicht mithalten mit der sympathischen „Natürlichkeit“, mit der Matthias Koeberlin und Julia Richter ihre Liebesphasen durchlaufen. Alles kreist nur noch um die alte Liebe, die neue Liebe, vieles wird in Frage, Freundschaften auf den Prüfstand gestellt. Das wird alles recht charmant an den „Ereignissen“ (der erste Blick, der erste Kuss, der erste Sex, der erste Streit) entlang erzählt; dramaturgische Raffinesse ist dafür nicht vonnöten. Das Berufsleben wird konsequent ausgegrenzt, denn es spielt nicht wirklich eine Rolle in Zeiten solcher amourös-emotionaler Achterbahnfahrten. Alle schweben förmlich durch den Alltag. Da bietet Wuppertal mit seiner fast etwas surreal anmutenden Schwebebahn den idealen Schauplatz. Das die zweite Hälfte des Films so prächtig funktioniert, obwohl sie nichts „Weltbewegendes“ erzählt, liegt zum großen Teil auch an Julia Koschitz. Mit einer weniger überzeugenden, weniger bezaubernden Schauspielerin würde der Remarriage-Comedy-erfahrene Zuschauer die Entliebung des Ur-Paares und das Neu-Verlieben der Hauptfigur sicher nicht so ohne Weiteres mitmachen.