Was früher Kinderfilme waren, heißt heute „Family Entertainment“: weil Produzenten und Verleiher jeden wollen, die Kleinen wie die Großen. „Blöde Mütze!“ ist anders, denn es geht um die komplizierteste Sache der Welt: die erste Liebe. Vielleicht hat es deshalb so lange gedauert, bis der Film nach seiner Uraufführung bei der Berlinale 2007 endlich in die Kinos gekommen ist. Dabei ist schon das Buch von Thomas Schmid (erschienen bei Oetinger) ein wunderbares Werk, das man auch als Erwachsener gerne liest. Sein Bruder Johannes hat es kongenial umgesetzt: mit wenig Aufwand und so lebensnah, dass es fast schmerzt. Der Film lebt vor allem von der fast wortgetreu adaptierten Vorlage, aber dass er so prima funktioniert, ist den Akteuren zu verdanken: Die jungen Darsteller sind extrem gut ausgesucht worden und spielen fabelhaft, allen voran Johann Hillmann, der schon an der Seite von Christoph Maria Herbst in dem Sat-1-Film „Don Quichote“ beeindruckte. Die beiden anderen Hauptrollen sind mit Lea Eisleb & Konrad Baumann („Die wilden Kerle“) nicht minder vorzüglich besetzt. Die bestens geführten Kinder brauchen sich vor dem namhaften Rest des Ensembles (Inka Friedrich, Stephan Kampwirth, Andreas Hoppe und Inga Busch) nicht zu verstecken.
Am schönsten aber ist die Geschichte. Der 12jährige Martin ist mit seinen Eltern umgezogen. Noch vor dem ersten Schultag beobachtet er einen Jungen beim Klauen und verrät ihn versehentlich. Und weil auch im Kinderleben ein Unglück selten allein kommt, ist dieser Oliver nicht nur in derselben Klasse, sondern offenbar auch der Freund der herrlich süffisanten Silke, in die sich Martin auf den ersten Blick verliebt hat. Fortan herrscht herzliche Feindschaft zwischen den Jungs, bis Martin hinter Olivers Rüpelfassade eine verletzte Seele entdeckt, die unter den ständigen Streitereien der Eltern leidet. Refugium der Kinder ist fortan ein stillgelegtes Naturfreibad, in dem die Welt der Erwachsenen keinen Zutritt hat.
Schmid hat bis dahin nur Kurzfilme inszeniert, dafür aber unter anderem den herrlichen Tipp-Kick-Film „Aus der Tiefe des Raumes“ produziert. Seine heiter gelassene, aber nie oberflächliche Erzählweise trifft den Tonfall des Buches so exakt, dass man sich der Geschichte bedingungslos hingibt. Die Verfilmung trägt allerdings unübersehbar auch die Handschrift von Produzentin Ingelore König, die mit ihrer Erfurter Firma Kinderfilm seit Jahren einen immer wieder identifizierbaren Stil pflegt. Die Kinderfilme von Kinderfilm stehen für ganz bestimmte Werte und Inhalte; oft geht es, wie hier, um alltägliche Verletzungen der Kinderseele. Zu den vielfach ausgezeichneten Produktionen zählen Kinofilme wie „Wer küsst schon einen Leguan?“ und „Die Blindgänger“, aber auch Kika-Reihen wie „Unsere Zehn Gebote“ oder „Ein Engel für alle“ sowie Beiträge zu den ARD-Weihnachtsmärchen.
Schmids entspannte Inszenierung ist typisch für die Kinderfilm-Produktionen, in denen konsequent auf Effekthascherei verzichtet wird. Umso wichtiger ist die Atmosphäre des Films. Die Bildgestaltung von Michael Bertl macht aus „Blöde Mütze!“ einen warmherzigen Sommerfilm, in dem Martins Tagtraum, die Schönheit aus einer Sonnenmilchreklame, für märchenhafte Momente sorgt. Enormen Anteil an der Wirkung der Bilder haben auch die von elektrischen Gitarren dominierten rockigen Kompositionen von Michael Heilrath. Die entsprechende CD (erschienen bei Normal Records) ist endlich mal keine Ansammlung aktueller Popsongs, sondern enthält tatsächlich die Musik aus dem Film. Und der wiederum ist viel zu sehenswert, um ihn allein den Kindern zu überlassen. (Text-Stand: 2008)