Eine Frau geht ihren Weg – nicht in Richtung Erfolg, wie es sich nicht nur für Filmheldinnen heutzutage gehört, nein, die burschikose Angestellte in einer Großküche kämpft für die Wahrheit. Sie will wissen, warum ihr Bruder sterben musste. Jennifer Nitsch, die sich von der Kostümbildnerin über die Serien-Blondine bis zur Schauspielerin der A-Klasse hochgearbeitet hat, spielt jene unbestechliche junge Frau in dem Sat-1-Movie “Am Ende die Wahrheit”. Sie ist ideal besetzt in einem Film, der mit den gängigen Geschlechterrollen spielt: der hyperaktiven Frau mit Wut im Bauch steht mit Tim Bergmann ein eher zögerlicher Mann gegenüber.
Ein Flugzeugingenieur ist vor seinem Haus überfahren worden. Es war offenbar kein Unfall, es war Mord. So sehen es jedenfalls seine Frau und seine Schwester Franziska. Denn in den Unterlagen des Toten gibt es Hinweise darauf, dass die Firma, für die er gearbeitet hat, mit sogenannten “Bogus Parts” handelt, Flugzeugersatzteilen, die gebraucht, gefälscht oder gestohlen sind. Ihr Einsatz ist lebensgefährlich. Der Tote hat zuviel gewusst und offensichtlich wollte er sein Wissen nicht mehr für sich behalten. Ein ehemaliger Pilot, der ebenfalls mundtot gemacht werden soll, bestätigt die Recherchen. Das Puzzle gegen die Firma setzt sich langsam zusammen. Ein junger Staatsanwalt engagiert sich für den Fall, wird bald aber ausgebremst. Jetzt ist es also wieder einmal an Franziska, handfeste Beweise zu liefern. Sie klaut in der Firma “Bogus Parts” und gerät damit in Lebensgefahr.
Foto: Sat 1
Der Thriller von Genre-Experte Michael Rowitz (“Der Kuss des Killers”) ist keine Offenbarung. Die Filmsprache ist eine Zumutung fürs Auge, das Drehbuch von Manuela Brandenstein und Helmut Schweiker ein Füllhorn der Klischees. Die Bösewichter sind böser als die Polizei erlaubt. Die Heldin ist blauäugig und ihr Aktionismus grenzt schon an eine Parodie des männlichen Superhelden. Sie ist eine Frau, die tut, was sie tun muss. Man spürt in jeder Szene das Bemühen, diese Konzeption deutlich zu machen. Doch die psychologische Zeichnung der Heldin und die Comic-Dramaturgie fließen nicht zusammen. Ein so rabiates, unhomogenes TV-Movie gab es lange nicht im deutschen Fernsehen. RTL produzierte vor sechs, sieben Jahren solch einen Genre-Trash. Sat 1 kommt mal wieder etwas später.
Muss also Jennifer Nitsch den Film retten,so wie in der Geschichte die Heldin Moral und menschlichen Anstand retten muss. Auch wenn der Film ein Macho-Machwerk ist, wird die 35-Jährige die von den Sendern anvisierten jungen Frauen gewiss auf ihre Seite ziehen. Denn ihre Figur ist stark, kämpferisch, aber auch verletzlich und schwach. “Franziska weint weder im Krankenhaus noch auf der Beerdigung, sie bringt sogar alle noch ins Bett”, beschreibt Nitsch die entscheidende Sequenz für die Psychologie ihrer Figur. “Am Ende des Tages setzt sie sich dann aber, klein wie ein Häschen in der Grube, allein vors Haus und weint.”