Mit „Alles außer Mord“ begab sich Pro Sieben 1994 auf das Feld der Eigenproduktionen. 14 Episoden entstanden in der Folgezeit bis 1996. Auf den Straßen von Hamburg tummelten sich als „Gäste“ viele neue, vor allem weibliche Schauspieler-Gesichter (Sophie von Kessel, Martina Gedeck, Ann-Kathrin Kramer, Christiane Paul) und in den Hauptrollen glänzten Dieter Landuris und Stefan Reck, die ihren Rollen eine Ironie mitgaben, die in den deutschen Krimiserien nicht vorkam. Schimanski hatte bekanntlich Pause. Und so wurde das ungemein sympathische „Ermittlerduo“ aus Detektiv und Psychoanalytiker, gelegentlich ergänzt durch einen Klatschreporter, bei jüngeren Zuschauern rasch zur unverkennbaren Marke. Routinier Michael Baier legte Uli Fichte kultverdächtige Nonsens-Dialoge in den Mund, während aufstrebende Regisseure wie Roland Suso Richter Wert legten auf eine frische Bildsprache. „Alles außer Mord“ wurde so zu einer der einflussreichsten 90er-Jahre-Krimireihen.
Uli Fichte macht gern Komplimente:
„Ich laufe Frauen grundsätzlich nicht mehr als fünf Meter nach. Bei Ihnen würde ich natürlich eine Ausnahme machen: 10 Meter… Sie haben wunderschöne Augen, und das ist fast das Hässlichste an Ihnen.“
„Wer Gewalt sät…“ wurde 1993 gedreht. Man sieht es. Regisseur Sigi Rothemund hängt noch deutlich zwischen den ästhetischen Stilen des dualen Systems: die Innenszenen wechseln zwischen grellem Thriller-Ambiente, wie ihn wenig später vor allem RTL als „New Look“ etablierte, coolem Schmuddel-Loft-Design und halbtotalen Bieder-Bildern wie man sie aus den öffentlich-rechtlichen Fernsehspielen der 80er Jahre kennt. Auf den Straßen von Hamburg dagegen kommt Dank der Kameraarbeit von Martin Peglau und dem groovigen Score von Klaus Doldinger – so sah man das zumindest damals – etwas Kino-Atmosphäre auf. Dazu gibt es diesmal besonders hippe Sprüche und einen extrem hibbeligen Helden, der sich in Lebensgefahr bringt, sowie dessen befreundeten Seelendoktor, der sich unglücklich verliebt hat und – gezwängt in eine Halskrause – sichtlich leidet. Ann-Kathrin Kramer gibt als All-German-Girl, das Objekt des Begehrens, eine junge Ehefrau, die von ihrem Gatten schwer misshandelt wird und in einem Frauenhaus untertaucht. Und Cornelia Froboess („Angst hat eine kalte Hand“) verkörpert eine Männerhasserin aus gutem Grund. Noch vor der Halbzeit gibt es einen Toten – trotzdem entwickelt sich „Wer Gewalt sät…“ nicht zu einem Whodunit. Der Flow, erzeugt durch die Mixtur aus Witz und Spannung, aus Genre-Momenten und Alltagssituationen, ist das Prinzip auch dieser Episode, die nicht zu den besten gehört.