4. Mai 1945. Die Stunde Null rückt näher. Deutschland hat den Krieg verloren. In einem einsam gelegenen Kinderheim nahe der Ostseeküste ist davon bisher nicht viel zu spüren. Ein russischer Hauptmann und sein siebenköpfiger Spähtrupp besetzen das Gebäude. Am Strand lagert derweil eine deutsche Wehrmachtseinheit, die sich so bald wie möglich übers Meer nach Dänemark absetzen will. Es sind über 50 Mann – an eine Gefangennahme durch die Russen ist nicht zu denken. Ohnehin sind Russen wie Deutsche kriegsmüde. Also heißt es warten auf beiden Seiten. Nur das 13jährige Waisenkind Peter, dessen Tante das Heim leitet, glaubt noch an den Endsieg, er will kämpfen und versucht, die Truppen gegeneinander aufzuhetzen. Erst nach und nach muss der Junge erkennen, dass sein Freund-Feind-Denken nicht mehr der Realität entspricht. Ausgerechnet der russische Hauptmann, der seine Familie im Krieg verloren hat, entpuppt sich als Menschenfreund und Wohltäter. Er sieht in Peter seinen gefallenen Sohn. Wird auch dieser in dem russischen Hauptmann den Vater erkennen?
Ein Drama aus den letzten Kriegstagen, ein Anti-Kriegsfilm, der fast 80 Minuten ohne Kampfhandlungen auskommt. „4 Tage im Mai“ erzählt vom Stillstand zwischen den Fronten, von der Rückkehr der Menschlichkeit nach einem Krieg, der an die 70 Millionen Menschen das Leben kostete. Achim von Borries kammerspielhafte Kinokoproduktion will noch weniger ein allumfassender Film über den zweiten Weltkrieg sein als das TV-Event „Unsere Mütter, unsere Väter“. Dass der Film entstanden ist „nach einer wahren Begebenheit“, ändert wenig daran. Die Drehbuchidee stammt vom russischen Hauptdarsteller Aleksey Guskov, auch das Budget wurde zu einem großen Teil mit russischen Geldern bestritten. Keine Frage, ein interessantes Koproduktionskonzept. Völkerverständigung inklusive. Besonders überzeugend: Die Deutschen werden von Deutschen, die Russen von Russen gespielt, entsprechend ist der Film zweisprachig gedreht. Aber kann man eine Kriegsepisode erzählen, losgelöst von der historischen (Vor-)Geschichte? Es gab Kritiker, die zum Kinostart Regisseur von Borries nicht zu Unrecht vorhielten, dass sein „Versöhnungswerk“ Hitlers Vernichtungsfeldzug im Osten, bei dem rund 20 Millionen Sowjetbürger umkamen, sowie die Vergeltungsmaßnahmen der Rotarmisten völlig außer acht lasse. Wunden und Verwüstungen seien vergessen. In Spiegel online bezeichnet Christian Buß „4 Tage im Mai“ als „ein Nummer-sicher-Weltkriegsdrama, das vor der Trümmerkulisse die emotionale Überwältigung des Zuschauers probt“.
Versteht man „4 Tage im Mai“ weniger als historischen Kriegsfilm, sondern mehr als ein Drama über Menschen in einer kriegerischen Ausnahmesituation, Menschen, die zwischen Fremdbestimmtheit und Selbstverantwortung einen couragierten Weg suchen, kann man dem Film weitaus mehr abgewinnen als gutmenschelnden „Völkerverständigungskitsch“. Als ein solches Drama ist der Film durchaus beeindruckend. Gut die Besetzung, unaufgeregt die Handlung, anrührend viele Szenen. Die dramaturgische und psychologische Einfachheit der Geschichte ist auch der kindlichen Perspektive geschuldet, aus der der Film erzählt ist. Mit dem „Lerneffekt“ des kleinen Helden ist denn auch die humanistische Botschaft des Films verknüpft. Ganz besonders gut dürfte sich „4 Tage im Mai“ als Film für den Schulunterricht eignen. Fürs Geschichtscurriculum freilich ist er nur eine Fußnote.