Fernsehfilm

9 Tage wach

Jannik Schümann, Baumeister, Brambach, Stehfest, Harper. Ein Film wie ein Rausch

„9 Tage wach” (ProSieben / Gaumont) ist ein Bilderrausch, der mit gewöhnlichem Fernsehen nichts gemein hat. Die Geschichte von „GZSZ“-Schauspieler Eric Stehfest, der seinen Traum erfüllt, bis sein Dasein durch Crystal Meth zerschmettert wird, würde auch für einen ARD-Mittwochsfilm taugen; nicht jedoch die Umsetzung. Wegen der optischen Fulminanz gehört das Drama im Grunde auf die große Kinoleinwand. Die darstellerische Leistung von Jannik Schümann, der mit konsequenter Radikalität gegen seine früheren Rollen anspielt, ist gleichfalls außergewöhnlich; Peri Baumeister ist ihm eine ebenbürtige Partnerin. Klasse auch Martin Brambach als Schauspiellehrer, der von seinen Schülern mehr Emotionen fordert und auf den Punkt bringt, was diesen Film ausmacht: „Hass, Wut, Trauer, Ekel, Freude.“

Fernsehfilm

Abenteuer Weihnachten – Familie kann nie groß genug sein

Maurer, Furtwängler, Bauerett, Rubey, Rauhaus, Unger. Kleines Weihnachtswunder

„Familie kann nie groß genug sein“, der Untertitel des ARD/ORF-Fernsehfilms „Abenteuer Weihnachten“ (Mona Film & Tivoli Film; Atalante Film) wirkt zunächst wie der blanke Hohn. In einer Patchworkfamilien-Konstellation aus drei Haushalten denkt jeder der Erwachsenen nur an sich. Die Leidtragenden sind die Kinder: Die holen zum Gegenschlag aus und sind dann einfach mal weg. Dramaturgisch wird die Herausforderung des großen Ensembles recht schnell gemeistert. Autor Martin Rauhaus ist schließlich ein Experte für lebenskluge & gewitzte Beziehungskonstellationen, Regisseurin Mirjam Unger hat „Die Vorstadtweiber“ dirigiert und das Ensemble mit Juergen Maurer, Maria Furtwängler, Sarah Bauerett, Manuel Rubey, Dennenesch Zoudé, Pegah Ferydoni und Leo Reisinger entwickelt vor allem in „Kleingruppen“ eine enorme Spielfreude. „Abenteuer Weihnachten“ gelingt etwas, was selten gelingt in Weihnachtsfilmen: Mit viel Schnee, Komik & Fest-der-Liebe-Romantik vereint dieser Film Dramödie und ein hohes Maß an Gefühl sehr harmonisch miteinander; er rührt an tiefsitzende Gefühle und an alte, möglicherweise verklärte Weihnachtserinnerungen.

Fernsehfilm

Aber jetzt erst recht

Jutta Speidel, Hansa Czypionka. Kampf gegen die Heuschrecken im Namen der Liebe

Die engagierte Klinik-Therapeutin steht ohne Job und mit einem Sack voller Schulden da. Auf der Isar-Brücke trifft sie einen anderen Lebensmüden: eine jener verhassten Heuschrecken. Doch die Läuterung naht und ein Happy-End kommt in Sicht in dieser munteren Social-Comedy mit romantischem Drall, starkem Speidel-Czypionka-Duett und leider auch mit dramaturgischen Mega-Klischees, die die Glaubwürdigkeit der Schauspieler unterlaufen.

Fernsehfilm

Abgefahren

Susanne Bormann in Uwe Frießners TV-Road-Movie zwischen Plattenbauten

Autos klauen und sie zu Schrott fahren – das ist liebster Freizeitspaß einer gelangweilten Jugendclique. Die Kinder aus dem Ost-Berliner Plattenbau verstricken sich immer tiefer in Geldnot und Kriminalität wegen hoher Forderungen der Versicherungen. Da nützt es auf Dauer wenig, dass man erst 14 und noch nicht knastfähig ist… Dem Berliner Uwe Frießner ist es wieder einmal gelungen, einen Film über Jugendliche ohne erhobenen Zeigefinger zu drehen. Dabei mischt er Sozialreportage und Genrekino zu einem für die 90er Jahren ungewöhnlich physischen Stück Fernsehen, für das es zu recht den Grimme-Preis gab.

Fernsehfilm

Abgrund – Eine Stadt stürzt ein

Liane Forestieri, Marco Girnth, Henning Baum. Spannung, Pathos & klare Ansagen

Eine Geologiestudentin nebst „Armageddon“-liker Gefolgschaft will mal eben noch schnell das Ruhrgebiet retten. „Abgrund – Eine Stadt stürzt ein“ ist ein effektiv erzählter Katastrophen-Thriller, der alle Register zieht für den Endzweck der Spannungserzeugung. So richtig ernst kann man diese TV-Sandkasten-Spiele aus dem Hause Action Concept nicht nehmen. Und das ist gut so. Tun sich in der Handlung auch so manche Abgründe auf – so ist dieser Genre-Wettlauf gegen die Zeit keineswegs abgründig, aber auch alles andere als unterirdisch!

Fernsehfilm

Abi ’97 – Gefühlt wie damals

Beck, Kavanian, Amft, Stein, Pallaske, Granz Henman. Verspätete Reifeprüfung(en)

Klassentreffen mal anders: Weil einer alten Clique das Abitur aberkannt wird, müssen fünf Männer und Frauen zwanzig Jahre später eine zweite Reifeprüfung ablegen; diesmal nicht nur für die Schule, sondern auch fürs Leben. Die mit Tom Beck, Rick Kavanian, Axel Stein, Diana Amft sowie Jana Pallaske namhaft besetzte Sat-1-Komödie „Abi ’97 – Gefühlt wie damals“ ist die deutsche Version eines italienischen Originaldrehbuchs. Der Film hätte ein bisschen mehr Tiefgang vertragen können, ist aber ein kurzweiliger Zeitvertreib.

Fernsehfilm

Abschied in den Tod

Denise Zich, Susanne Lothar & eine Produktionsgeschichte, spannender als der Film

Es sollte ein für die ARD extremer Film werden: ein Thriller über einen australischen Serienmörder, der an Rucksacktouristen seine perversen Gelüste auslebt – frei nach den Taten des legendären „Down under“-Killers Ivan Milats. Dass ein Regisseur (während der Postproduktion) gefeuert wird, hat man nicht alle Tage. Dass es sich mit Martin Buchhorn vom Saarländischen Rundfunk 2001 um den Fernsehspielchef eines ARD-Senders handelte, war doppelt brisant. Und der Film ist ein rüdes Kolportage-Brutalo-Movie geworden.

Fernsehfilm

Achtung Arzt!

Annette Frier, Bernhard Schir, Rolf Silber, Weißkittel-Alltag & Määnzer Fastnacht

So recht weiß man nicht, ob man „Achtung Arzt!“ überhaupt sehen will. Auch wenn Annette Frier und Bernhard Schir ihre Sache gut machen, reicht es nicht, wenn wir „Doctor’s Diary“ haben? Der Alltag in einer Unfallklinik am Rosenmontag in Mainz – keine schlechte Idee. Doch die Handlung des Films von Rolf Silber nimmt sich zu viele Auszeiten: Da wird zu häufig nur gekaspert & ge-Split-screent, während die Fastnacht zu wenig genutzt wird.

Fernsehfilm

Achtung Polizei! Alarm um 11 Uhr 11

Christoph Maria Herbst, Lisa Maria Potthoff. Gute Idee, nichts draus gemacht!

Ausgerechnet am Rosenmontag steht beim 11. Revier in Köln eine Betriebsprüfung an. „Achtung Polizei! Alarm um 11 Uhr 11“ basiert wie schon 2011 „Achtung Arzt!“ auf der originellen Grundidee, den realen Karneval in die Szenen zu integrieren, dessen Möglichkeiten allerdings nur halbherzig genutzt wurden. Die Spielszenen wurden im Herbst 2012 gedreht. Rolf Silbers Komödie enttäuscht, weil sie weder Pointen besitzt, noch emotional zu bewegen weiß. Und die Handlung lässt sich treiben wie ein Betrunkener am Rosenmontag…

Fernsehfilm

Adel dich

Elmar Wepper und Gisela Schneeberger. Kluge Selbstfindung mit ironischem Unterton

Bei Geburt vertauscht. Sinnsuche im Alter ist kein seltenes Thema bei ARD und ZDF: Identitätssuche mit 65 Jahren ist schon ein Novum. „Adel dich“ ist eine entspannte Komödie, die ihre kleine, leicht skurrile Geschichte erzählen will und die nicht um Lacher oder größtmögliche Originalität heischt. Sie besitzt kein großes Thema. Die Relativität der Herkunft eines Menschen schwingt mit, die Zufälligkeit von Geschlecht und Geburt, die falsche Herrlichkeit des Adels. Es ist ein Schauspieler-Stück. Die Besetzung ist vom Feinsten, und das Drehbuch von Gerlinde Wolf ist melancholisch, lebensbejahend, komisch.

Fernsehfilm

Affäre zu dritt

Sophie von Kessel, Nadeshda Brennicke, Oliver Bootz. Wenn Frauen Frauen lieben

Aus Irritation wird Liebe: In dem Sat-1-Drama „Affäre zu dritt“ fühlt sich eine Polizeiärztin zur neuen Kommissarin hingezogen. Das Krimi-Milieu macht die Dreiecksgeschichte besonders „spannungsreich“. Regisseur Josh Broecker verzichtet auf Weichzeichner und andere Softporno-Stilmittel. Überzeugend aber auch die Zeichnung der Charaktere. Nadeshda Brennicke gelingt eine reizvolle Mischung aus melancholischer Kühle & Verletzlichkeit.

Fernsehfilm

African Race – Die verrückte Jagd nach dem Marakunda

Jan Sosniok, Dirk Bach & Comedy-Nasen in einem lustvollen Blödelfeuerwerk

Zum vierten Mal füllte RTL den „Crazy Race“-Nonsens in den Tank, doch zum ersten Mal gelang Axel Sand und seinen Comedians ein Abenteuer-Schmunzler, der einen ohne Reue zurücklässt. Im Mittelpunkt steht die Jagd nach dem größten Diamanten der Welt, auf dem einst der Kölner Dom ruhte. Durchgeknallte Flintenweiber und halbe männliche Portionen bevölkern die Szenerie. Neben den Afrika-Klischees gibt es zahlreiche Anspielungen auf Kinoklassiker in diesem rasanten Comedy-Quatsch unter afrikanischer Sonne.

Fernsehfilm

Afrika ruft nach dir

Erol Sander, Christina Plate, Sven Martinek & Südafrika zwischen Rhetorik & Kitsch

Wenn ein Film „Afrika ruft nach dir“ heißt, Erol Sander einen verwitweten Tierarzt spielt, der eine Tierklinik im Herzen des südafrikanischen Nationalparks übernimmt, und Christina Plate eine engagierte Wildhüterin, kann man sich als Zuschauer den Rest denken. Es ist fast schon eine Untertreibung, bei dieser Abenteuer-Romanze von „Vorhersehbarkeit“ zu sprechen. Das Degeto-Movie bietet aber auch Sehenswertes: tolle Tierbilder & gut geführte Filmkinder.

Fernsehfilm

Akte Golgatha

Katharina Schüttler, Marco Girnth, ein Babydoll & ein katholisches Killerkommando

„Akte Golgatha“ ist ein TV-Movie, wie man es von RTL erwartet: oberflächlich die Story, banal die Dramaturgie, knallig die Szenen, rasant die Ortswechsel und effektiv das Genre-Maschinchen, das in der zweiten Filmhälfte mächtig schnurrt. RTL-untypisch ist der Mut, Katharina Schüttler, eine Schauspielerin von Format und keine klassische Schönheit, in der Hauptrolle zu besetzen. Abenteuerfilm-Quatsch mit Soße & ohne Bettina Zimmermann!

Fernsehfilm

Alaska Johansson

Alina Levshin, Sascha Arango, Achim von Borries. Ein Produkt des schönen Scheins

„Alaska Johansson“ – so heißt kein Mensch, so heißt kein Fernsehfilm, so sieht auch kein Fernsehfilm aus! Sascha Arango, Achim von Borries und Kameramann Bernd Fischer verführen den Zuschauer zu einer Traumreise im Breitwandformat. Blickfang: Alina Levshin als Head-Hunterin zwischen Wirklichkeit und Wahn – die Frau als Fetisch. Als Objekt der Verführung versteht sich auch der Film: exquisite Ausstattung, klare Formen, knallige Farben, bizarre Perspektiven – da sind die Sinne gefordert, ist der Augenmensch glücklich. Der Film feiert nicht den kalten Schönheitskult, sondern entlarvt ihn als wahren (Waren-)Horror.

Fernsehfilm

Albert – mein unsichtbarer Freund

Raacke, Susanna Simon, Döhnert, Papavassiliou. Verspielte Familienkomödie

Sat 1 knüpft mit Tonfall und Machart von „Albert – Mein unsichtbarer Freund“ nahtlos an sehenswerte Familienfilme des Senders wie „Das Gespenst von Canterville“ oder „Das total verrückte Wunderauto“ an. Mit dem Motiv des „Fantasiegefährten“ knüpft er aber auch an die Filmgeschichte an. Gut besetzt, hübsch ausgedacht & mit leichter Hand inszeniert.

Fernsehfilm

Albtraum einer Ehe

Ehe-Drama: August Zirner schlägt Nina Kronjäger & sie glaubt, es verdient zu haben

In dem eindringlich und differenziert von Nina Kronjäger und August Zirner gespielten Ehe-Drama ist das Paar völlig überfordert, die aus der Gewalttätigkeit des Mannes resultierenden Probleme in den Griff zu bekommen. Ein brisantes Thema: Jede dritte Frau wird in Deutschland Opfer häuslicher Gewalt, unabhängig von sozialem Status und Bildung.

Fernsehfilm

Alice im Weihnachtsland

Aybi Era, Jochen Matschke, Matschulla/Mayer, Petra K. Wagner. Kochen statt Küssen

Unvorhersehbare Wendungen bleiben in der Regel Thrillern und Krimis vorbehalten. Dass ein Film auf dem „Herzkino“-Sendeplatz mit einer narrativen 180-Grad-Wende aufwartet, ist wahrscheinlich ein Novum. Bis dahin allerdings erzählt „Alice im Weihnachtsland“ (Degeto / Relevant Film) von Petra K. Wagner nach dem Drehbuch von Claudia Matschulla und Arnd Mayer von all den Dingen des Lebens und den Nöten der Liebe, die man vom Sonntag im ZDF oder vom ARD-Freitagsfilm hinreichend kennt. Das Pfund der ersten Filmhälfte ist Hauptdarstellerin Aybi Era, deren natürliche Ausstrahlung und alltagsnahes Spiel das allzu Vorhersehbare immer mal wieder vergessen lässt. Offen bleibt in der zweiten Filmhälfte allein die Frage, wie die genreüblichen Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden. Auf jeden Fall etwas lebensklüger und bildlich erfrischender als vom Genre gewohnt. Dennoch dürfte „Alice im Weihnachtsland“ am Ende nur überzeugte „Herzkino“-Freunde erwärmen.

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All you need is love – Meine Schwiegertochter ist ein Mann

Saskia Vester und Jürgen Tonkel: krachlederne Schwulenhatz als Volksstück

Ihr Hans will heiraten. Mutter Katharina ist geschockt, als sie erfährt, dass es sich bei Schwiegertochter „Nicki“ um einen Mann handelt. Die TV-Komödie plätschert vorhersehbar dahin, macht auf pc, plump oder plemplem, findet aber nie zu einer Haltung.

Fernsehfilm

Alle Jahre wieder

Klaus Steinbacher, Sinje Irslinger, Hübner, Wosch, Herzogenrath. Treue Seele trifft flotten Feger

Mit dem Bus von Berlin ins tiefste Oberbayern ist nicht gerade verlockend. In der ARD-Weihnachtsfilm-Liebeskomödie von Tommy Wosch und Felix Herzogenrath unternimmt das Liebespaar in spe diese Fahrt gleich viermal, alle Jahre wieder, am 23. Dezember. Treue Seele trifft auf flotten Feger, Ordnung auf Spontaneität, Familiensinn auf Unabhängigkeits-Liebe – das erinnert zunächst ein bisschen an die frechere RomCom-Variante: die Screwball Comedy. Die Muster sind bekannt, doch die Erzählstruktur, die frischen, sympathischen Charaktere, die lebendigen Situationen, das großartige Ensemble, ein edler Soundtrack und das Glück mit dem Winterwetter wirken Wunder. „Alle Jahre wieder“ (UFA Fiction) variiert so hinreißend das Bewährte, dass dieser wunderbare Film einfach ein Klassiker des Genres werden muss.

Format: Fernsehfilm

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Sterne-Bewertung

9 Tage wach

Abenteuer Weihnachten – Familie kann nie groß genug sein

Aber jetzt erst recht

Abgefahren

Abgrund – Eine Stadt stürzt ein

Abi ’97 – Gefühlt wie damals

Abschied in den Tod

Achtung Arzt!

Achtung Polizei! Alarm um 11 Uhr 11

Adel dich

Affäre zu dritt

African Race – Die verrückte Jagd nach dem Marakunda

Afrika ruft nach dir

Akte Golgatha

Alaska Johansson

Albert – mein unsichtbarer Freund

Albtraum einer Ehe

Alice im Weihnachtsland

All you need is love – Meine Schwiegertochter ist ein Mann

Alle Jahre wieder