(tit.) Der Dezember besitzt alle Jahre wieder ein Alleinstellungs-Merkmal: Es weihnachtet sehr, und die Krimis und Krimidramen sparen sich die emotional harten und besonders brutalen Fälle. Wegen der Feiertage gibt es sogar sechs „Sonntagskrimis“. Solides dominiert: Möhrings Falke im Kloster, kirchenkritisch, versteht sich; ein versöhnlicher Tonfall kommt aus Bremen, und wenig Besinnliches – wie kann es auch anders sein – erwartet einen in Dortmund. Die Schweizerinnen bestätigen mit „Fährmann“ ihre gute Form, genauso wie der „Tatort“ aus Münster, der mit „Man stirbt nur zweimal“ einen dramaturgisch neuen, aufregenden Weg einschlägt. Das ARD-Krimi-Highlight ist allerdings ein „Polizeiruf“, der dritte Fall für Johanna Wokaleks Münchener Kommissarin, erstmals in Szene gesetzt von Dominik Graf. Der Rest vom Crime-Fest sind beim ZDF neben den Gebrauchs-Formaten der kleine Ausreißer nach oben, „München Mord“, sowie im Ersten am Donnerstag drei „Zürich-Krimis“, die jedoch nicht die Klasse der letzten Jahre halten.
Außergewöhnlicher sind da schon die Einzelstücke mit weihnachtlichem Flair: Harald Krassnitzer bewährt sich als „Engel mit beschränkter Haftung“ (BR/ORF), angenehm realistisch geht es in „Die schönste Bescherung“ (ARD) mit Anna Unterberger zu, ja sogar die Klimakatastrophe hält meditativ Eingang ins Genre in „Stille Nacht, raue Nacht“ (ZDF) mit Maria Ehrich. Auch der historische Familienfilm „Bach – Ein Weihnachtswunder“ (ARD) mit Devid Striesow und Verena Altenberger kommt ganz ohne Kitschmomente aus. Das Gleiche gilt für die Läuterungsmär „Nelly und das Weihnachtswunder“ (ZDF) mit Anna Schudt als Heiligabend-Hasserin. Noch einen Tick komplexer und verspielter erzählen „Zitronenherzen“ (ZDF) mit Paula Kalenberg, Leslie Malton und Diana Amft sowie Tommy Woschs „Alle Jahre wieder“ (ARD), eine sehr zeitgemäße Romantic-Comedy mit Sinje Irslinger, Klaus Steinbacher, Charly Hübner, Maria Simon & ungewöhnlich viel Schnee für einen deutschen Weihnachts-Fernsehfilm. Nicht für Primetime-fähig hält das ZDF die Mediensatire „Hallo Spencer – Der Film“ mit Rainer Bock, ein Herzensprojekt von Jan Böhmermann. Einen wunderbar gespielten, „kleinen“, unsentimentalen Film gibt es als Arte-Premiere: „Familie is nich“ (ZDF) mit Meret Becker als kratzbürstige Großmutter, die sich von ihrer Enkelin „bekehren“ lässt. Und Sawatzki/Berkel liefern sich ein köstliches Komödien-Duell mit Fritz Karl in „Entführen für Anfänger“ (ARD).
Bleibt ein überschaubares, aber sehr sehenswertes Serien-Angebot: Ingo Raspers „Reisen mit Muddi“ (ARD-Mediathek) mit Alwara Höfels & Andrea Sawatzki ist eine Comedy mit Drama- und Thriller-Momenten; außerdem wartet die köstliche Impro-Komödien-Serie „Die Discounter“ (Prime Video) nach dem gerade gestarteten ersten Block von Staffel vier am 23.12. mit dem zweiten Block der vierten und letzten Staffel auf. Das Beste zum Schluss: Autor Holger Karsten Schmidt hat „Die Toten von Marnow“ fortgesetzt. „Finsteres Herz“ (ARD) mit Petra Schmidt-Schaller & Sascha Gersak ist ein dramaturgisch anspruchsvolles, packendes und mit überraschenden Wendungen gespicktes Genre-Meisterstück. (Text-Stand: 1.12.2024)