„Tatort“ bleibt das Maß aller Krimidinge. Nachdem bereits der SWR vor drei Wochen mit „Flashback“ die Reihe um einen ästhetischen Höhepunkt bereichert hat, setzt der WDR mit dem Film „Der Verrat“ noch eins drauf. Ausgerechnet ein Routinier wie der 73-jährige Hans Noever macht vielen ungleich behäbigeren jüngeren Kollegen vor, wie man eine Geschichte mit viel Temperament und trotzdem ohne Schnickschnack umsetzt. Garantie dafür ist vor allem die Bildgestaltung von Peter Przybylski, der bevorzugt mit der Handkamera gefilmt hat und auf diese Weise immer wieder ganz nah an die Figuren herankam; Tempo bekommt der Film auch, weil Noever auf Schnitte verzichtete und statt dessen die Kamera schwenken ließ.
Ohne eine gute Geschichte aber nützen auch die besten Bilder nichts. Horst Vocks, kaum minder erfahren als Noever, hat den Kölner Polizisten Ballauf und Schenk eine Handlung geschrieben, die ihnen eine perfekte Grundlage für ihre unterschiedlichen Temperamente bietet. Geschickt versteht es Vocks zudem, eine eigentlich einfache Grundidee clever zu verschachteln. Am Anfang steht der offenbar professionell durchgeführte Mord an einem Diplomaten; die Kugel traf ihn ins Auge (kein schöner Anblick!). Rasch stellen Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) einen Zusammenhang zur Entführung eines Managers in Kolumbien her, bei der das Lösegeld auf mysteriöse Weise verschwunden ist. Und welche Rolle spielt die rätselhafte Geheimagentin Karo (Bibiana Beglau), die sich als Austauschgeisel zur Verfügung gestellt hatte und dabei angeblich um’s Leben kam? In Wirklichkeit ist sie munter und fidel, denn gerade erst hat sie ein lebensmüdes Mädchen aus dem Rhein gefischt.
Wie stets steht den Kölner Beamten auch wieder ihr Privatleben im Weg: Schenk ist von seiner Frau vor die Tür gesetzt worden, findet keine neue Bleibe und hat entsprechend schlechte Laune, und Sekretärin Franziska droht, einem Heiratsschwindler auf den Leim zu gehen. Es spricht für die Qualität sowohl des Drehbuches wie auch der Inszenierung, dass diese privaten Elemente nie zur Hauptsache werden. „Der Verrat“ gehört zu den besten Filmen der frühen Jahre von Ballauf und Schenk. Ein Krimi, den man nicht so schnell vergisst.