Die letzten „Tatorte“ mit Axel Milberg waren schwere Kost: die Geschichten ernst und düster, die Ästhetik in Moll getaucht und die Kieler ein Völkchen, das gerne auf Distanz geht. Das passt durchaus zu Kommissar Borowski, denn auch der ist nicht gerade ein Ausbund an Offenheit und Lebensfreude. Doch Autor Thomas Schwan und Regisseur Lars Jessen wollten dem Mann aus dem Norden einmal eine andere Tonlage verpassen. „Wir wollten Ernstes und Amüsantes auf eine Linie stellen, ohne uns ständig entscheiden zu müssen: Ist das jetzt ein Drama, eine Komödie oder ein Krimi?“, umschreibt Jessen den besonderen Reiz.
Der Kommissar und seine Psychologin tauchen in die Welt unglücklicher und verzweifelt Kontakt suchender Singles ein. Zwei Männer sind nach demselben Muster ermordet worden. Da Borowski ins Opferschema passt, muss er undercover ermitteln – auf der Suche nach Mrs. Right. „Sie sind ja völlig aus der Übung“, lästert Jung. Doch Borowski lernt und ist bald mittendrin in der Kieler Single-Szene, die so mancher für einen kostenlosen „Fleischmarkt“ hält. Ist das das Mordmotiv? Der Kommissar glaubt ja und schwebt in großer Gefahr.
Foto: NDR / Marion von der Mehden
Bei Axel Milberg rannten die Macher mit der komödiantisch gefärbten Geschichte aus dem Dating-Milieu offene Türen ein. „Der Wechsel zwischen dramatischem und komödiantischem Spiel ist ein großer Genuss, weil sich in ihm der Reichtum von dem, was Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit sein können, offenbart“, betont der Schauspieler. „Die Szenen kreisen oft um eine innere Verzweiflung, sie sind komisch für den Zuschauer, aber nicht für den Protagonisten.“ Wichtig war Milberg, dass die Komik im „Tatort“ nichts mit Slapstick zu tun habe und auch nicht auf Kosten der „einsamen Herzen“ gehe.
Oft ist Borowski selbst Auslöser des Komischen. Wie er da zum Dauer-Dating antritt – das hat schon etwas wunderbar Unbeholfenes. Jessen erkannte in diesen Situationen „die Möglichkeit, Borowski auch mal zaudernd, unsicher, verschmitzt und humorvoll hintergründig agieren zu lassen“. Auch die latent erotische Beziehung zu Psychologin Jung wird in „Borowski und die einsamen Herzen“ augenzwinkernd potenziert. In Tagträumen offenbart er dem Zuschauer seine Gefühle für sie. Ob da wohl bald mehr zu erwarten ist? Maren Eggert würde es begrüßen: „Die beiden sind schon so lange umeinander herumgeschlichen, es wäre doch an der Zeit, dass sie sich näher kommen.Milberg sieht es anders: „Diese Spannung, die sich nicht erfüllt, ist gerade das Schöne an dieser Beziehung. Bei einem Happy End könnten wir diesem Spiel mit dem Möglichen nicht mehr beiwohnen.“ Die Macher werden sich wohl an Milbergs Argumente halten. Denn so spannend dieser „Tatort“ durch die unmittelbare Bedrohung Borowskis auch gelegentlich ist – die Plausibilität des Krimi-Plots fällt doch etwas ab gegenüber den gezeigten Schicksalen und Menschenbildern. So bleibt es mal wieder dem ironisch doppelbödigen Spiel von Milberg und Eggert vorbehalten, dem Film seine Glanzlichter aufzusetzen. (Text-Stand: 12.10.2008)