Sohnemänner

Peter Franke, Marc Zwinz, Renate Delfs, Ingo Haeb. "Was guckst du so dämlich!?"

Foto: ZDF / Oliver Schwabe
Foto Rainer Tittelbach

Großmutter, Sohn und Enkel, drei hanseatische Sturköppe, liefern sich einen Kleinkrieg im beschaulichen Schwarzwald. Das älter und gebrechlicher werden macht gestörte Kommunikation nicht einfacher. „Sohnemänner“ ist eine Tragikomödie über Pflege und Fürsorge, die im Schatten hartnäckiger Lebenslügen tiefer liegende Konflikte in sich birgt. Die Synthese aus Drama und Komödie macht eine leise Annäherung möglich. Filmemacher Ingo Haeb trifft dabei immer den richtigen Ton und Situationskomik ist ganz häufig im Spiel!

„Muddi is weg!“ Edgar, selbst bereits Rentner, ist außer sich. Seine Mutter Hilde ist im Altenheim unauffindbar. Es stellt sich heraus, dass Enkel Uwe die Großmutter abgeholt hat – zu unwürdig war ihm dieser Ort für den Lebensabend seiner Oma. Indirekt war diese Aktion aber auch ein Seitenhieb gegen den unsensiblen Vater, der seine eigene Mutter mal wieder – wie schon den Sohnemann in der Kindheit – einfach abgeschoben hat. In der Idylle des Schwarzwaldes treffen wenig später alle drei hanseatischen Dickschädel aufeinander. Hier wohnen Uwe, der Möchtegern-Literat, und sein an Parkinson erkrankter Lebenspartner Johann, ein wohlhabender Verleger, in einer Art Luxus-Alm mitten in der Natur. Edgar, „der treulosen Seele“, wird anfangs wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Also muss der in seine Rolle des stillen oder auch mal weniger stillen Rebellen verfallen. Die Situation bleibt angespannt. Uwe wirft seinem Vater noch immer vor, dass er von ihm nie Anerkennung erfahren habe. Und der gibt den selbstgerechten Sturkopp, dem jegliches Fingerspitzengefühl abgeht („Man hat mich nie gefragt, ob ich dein Vater sein will“). Als auch noch Edgars Lebenspartnerin mit ihrem halbwüchsigen Sohn auftaucht, ergeben sich emotionale Nebenschauplätze für den familiären Kleinkrieg. Und Oma rückt ins zweite Glied.

SohnemännerFoto: ZDF / Oliver Schwabe
Kommt es endlich einmel zu einem klärenden Gespräch zwischen Vater und Sohn? Peter Franke, Marc Zwinz; Renate Delfs, Vera Teltz, Lein Köhler

Alte Wunden brechen auf, neue Probleme kommen hinzu. Das älter und gebrechlicher werden macht gestörte Kommunikation nicht einfacher. „Sohnemänner“ ist eine Tragikomödie über Pflege und Fürsorge, die im Schatten hartnäckiger Lebenslügen tiefer liegende Konflikte in sich birgt. Der knorrige Vater knarzt einsam vor sich hin, und der Sohn gibt den Dauergekränkten, obwohl er doch gerne wäre wie ein alter Baum – äußert er in Gedichtform und gibt damit indirekt auch etwas über die die Haltung zu seinem Vater preis. Sehr viel offener ist da schon die Großmutter – insbesondere, wenn es um den Unmut über den eigenen Sohn geht: „Jetzt sag doch mal ordentlich guten Tag“, herrscht sie ihn an, als der Mittsechziger beim Besuch im Schwarzwälder Heim „Sonnenhof“ den trotzigen Muffelbruder gibt. Uwe flüchtet sich dagegen gern in Sarkasmus, wenn es um seinen Vater geht: „Der kann nichts dafür – dem fehlt es an Intelligenz.“ Der Ton zwischen den drei Nordlichtern ist – freundlich ausgedrückt – herzlich grob. „Was guckst du denn so dämlich!?“

Drinnen sitzt der Schmerz, draußen ist reichlich Raum für Situationskomik. Die Synthese aus Drama und Komödie macht eine leise Annäherung möglich. Filmemacher Ingo Haeb trifft dabei immer den richtigen Ton. Aus dem Alltag, der ausschnitthaft strukturiert, fast dokumentarisch beobachtend erscheint, ergibt sich wie von selbst die Handlung. Die Charaktere wechseln zwischen laut und leise, mal preschen sie wuchtig nach vorne, um sich dann wieder angeschlagen mit ihrem schlechten Gewissen zurückzuziehen, so wie die Erzählhaltung ständig zwischen Nähe und Distanz, zwischen Tragik und Komik, zwischen betretener Stimmung und Humor ausgleicht. Ob Peter Franke, Marc Zwinz, Renate Delfs, oder Bernhard Schütz – alle Schauspieler sind vortrefflich in diesem intelligenten Heimatfilm, der so viel soziale Realität einfängt und durch die kluge Erzählweise nie in die Gefahr gerät, als überladener Themenfilm wahrgenommen zu werden. (Text-Stand: 8.5.2013)

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Kinofilm

ZDF

Mit Peter Franke, Marc Zwinz, Renate Delfs, Bernhard Schütz, Vera Teltz, Lein Köhler, Klaus Herm

Kamera: Oliver Schwabe

Szenenbild: Stefanie Brenner

Schnitt: Monika Schindler

Soundtrack: Bill Callahan („Two Many Birds“)

Produktionsfirma: Home Run Pictures

Drehbuch: Ingo Haeb

Regie: Ingo Haeb

EA: 28.05.2013 00:15 Uhr | ZDF

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