Liebe für Fortgeschrittene

Heidelinde Weis, Günther-Maria Halmer. Der Patriarch ist ausnahmsweise eine Frau

Foto: BR / ORF
Foto Tilmann P. Gangloff

Die Schauspielerin Konstanze Breitebner variiert als Autorin in „Liebe für Fortgeschrittene“ ein altbekanntes Handlungsmuster: Ein Patriarch will nicht abtreten – mit einem Unterschied: Im Zentrum steht in der deutsch-österreichischen Koproduktion eine Frau. Hübsch kombiniert Breitebner die wirtschaftliche Ebene mit den zwischenmenschlichen Unmöglichkeiten. Dagegen neigt Regisseur Walter Bannert zur Überinszenierung und der Musikteppich säuselt wie freitags bei der Degeto. Was macht dieser Film auf dem ARD-Mittwochstermin?!

Die Geschichte vom Patriarchen, der sich nicht aus dem Familienbetrieb zurückziehen will, war schon oft Stoff für Fernsehfilme. Die Schauspielerin Konstanze Breitebner, seit einigen Jahren auch erfolgreiche Drehbuchautorin, erzählt in „Liebe für Fortgeschrittene“ also nichts Neues – nur mit einem Unterschied: Im Zentrum ihrer Handlung steht eine Frau.

Erika Backströhm (Heidelinde Weis) führt ihre Grazer Uhrenfabrik mit fester Hand. Tochter Vanessa (Katharina Stemberger) stünde längst bereit, das Unternehmen zu übernehmen, doch Erika blockt ihre Modernisierungspläne immer wieder ab. Vanessa würde das Sortiment gern erweitern und neben den Luxusstücken auch preiswertere Uhren für eine breitere Käuferschicht produzieren. Einen potenten Partner hätte sie bereits, aber Erika bleibt stur. Als die Mutter das Firmenfest in einem auswärtigen Schlosshotel kurzerhand in einen Urlaub verlängert, weil sie sich in den bärbeißigen Gärtner und Blues-Liebhaber Otto (Günther Maria Halmer) verguckt hat, ziehen Vanessa und ihr Bruder Markus die Geschäftserweiterung kurzerhand ohne Erika durch. Die hat ihr mobiles Telefon versehentlich in einem Blumentopf vergraben und ohnehin gerade ganz andere Dinge im Kopf. Als sie, von der treuen Sekretärin alarmiert, doch noch von dem Deal erfährt, will sie alles rückgängig machen. Aber nun entpuppt sich Vanessa als ebenbürtige Gegnerin; und das nicht bloß, was die Sturheit angeht.

Hübsch kombiniert Breitebner die wirtschaftliche Ebene mit den zwischenmenschlichen Unmöglichkeiten. Otto zum Beispiel muss sich von den schockierten Kindern prompt unterstellen lassen, er habe es bloß auf Erikas Vermögen abgesehen. Andererseits ist er der einzige, der der Patriarchin auch mal die Meinung sagt. Das Zusammenspiel von Heidelinde Weis und Günther Maria Halmer sorgt ohnehin für die besten Momente dieses Films, zumal sich Otto anfangs einen Spaß draus macht, die Städterin hingebungsvoll zu triezen.

Während die beiden Routiniers eher nuanciert arbeiten, neigt Regisseur Walter Bannert mitunter zum Überinszenieren und setzt noch mal groß und deutlich ins Bild, was man zuvor längst wahrgenommen hat. Die schrecklich betuliche Szenenmusik könnte ohnehin aus einem Freitagsfilm der ARD stammen, zumal die diversen Blues-Passagen für krasse Gegensätze sorgen. Die schon oft gespielte Rolle des Grantlers mit Herz schließlich dürfte für Halmer keine besondere Herausforderung dargestellt haben. Aber wie Otto allen möglichen Avancen und Forderungen stoisch mit dem Satz „Ich bin nur der Gärtner“ begegnet: Das hat Stil.

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

BR, ORF

Mit Heidelinde Weis, Günther-Maria Halmer, Katharina Stemberger, Florian Teichtmeister, Dirk Martens, Doris Golpashin, Johanna Mertinz, Hertha Schell, Herta Schell, Rudy Ruggiero, Antonia Jung, Simon Jung

Kamera: Georg Diemannsberger

Szenenbild: Rudolf Czettel

Schnitt: Karin Hartusch

Produktionsfirma: Lotus Film

Drehbuch: Konstanze Breitebner

Regie: Walter Bannert

EA: 01.07.2009 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach