Ulrich Mühe auf den Spuren von Indiana Jones. Und das macht der Mann, der seit Jahren erfolgreich nach dem „Letzten Zeugen“ sucht, gar nicht mal schlecht. In „Das Geheimnis von St. Ambrose“ spielt er einen Professor und Archäologen, den die Welt der nordischen Mythen nicht loslässt. Er begibt sich wider Willen auf die Suche nach dem unbesiegbaren Schwert Excalibur, das König Artus gehört haben soll. Als moderner Wissenschaftler glaubt er anfangs nicht daran, auf seiner Odyssee durch die schottischen Highlands, mit der mythischen Urkraft in Berührung zu kommen. Ihn treiben realistische Kräfte an: Cramer steht unter Verdacht, eine 2000 Jahre alte Himmelsscheibe während eines Archäologie-Kongresses in Edinburgh gestohlen zu haben. In St. Ambrose sucht er nun nach dem, der ihm die kostbare Scheibe untergeschoben hat. Nur wenn er ihn dingfest macht, hat er eine Chance, seine Unschuld zu beweisen. Dass er seine Kinder im Schlepptau hat, macht das Ganze nicht leichter.
Für den Zuschauer hat das natürlich einen großen Vorteil: „Das Geheimnis von St. Ambrose“ ist ein Familienfilm geworden. Es ist ein Abenteuerfilm, der kompatibel ist für Kids und Eltern und bei dem auch Oma und Opa ihren Spaß haben werden. Weil die Kinder mit auf die abenteuerliche Reise gehen, muss noch ein zweiter Erwachsener ins Spiel kommen: Désirée Nosbusch schlüpft in die Rolle von Kinderfrau Kathleen, die ein bisschen zu nett, zu hilfreich und zu schön ist, um wahr zu sein. Und was zeichnet sich da, rücklings in ihrem Hosenbund ab? Prof. Cramer scheint das Genre offenbar schlechter zu kennen als der Zuschauer. Doch irgendwann kommt ihm auch alles etwas seltsam vor: Diese Frau flüchtet mit ihm vor der Polizei, sie beschützt seine Kinder, sie befreit ihn aus dem Gefängnis und sie heiratet ihn sogar in Gretna Green. Was ist diese Kathleen: Kunstdiebin, Spionin oder eine liebende Frau, die immer eine Pistole dabei hat und zufällig irgendwann mal ein Archäologiebuch gelesen hat?
Foto: ZDF / Daniela Incoronato
„Ich wollte weit weg von Robert Kolmaar oder anderen Figuren, die ich in letzter Zeit gespielt habe“, so Mühe über seinen Rollenwechsel. Die Figur des Wissenschaftlers, der am Ende des Abenteuers feststellen muss, „es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde als unsere Schulweisheit es sich träumen lässt“, die hat er sich so gewünscht. Eigentlich war ein klassischer Krimi geplant. Doch Mühe drängte auf „eine Mischung aus Abenteuer und Fantasy“. Er liebt die wohligen Schauer, die einem bei diesem Genre über den Rücken laufen. Bei den Erwachsenen sei es „die Sehnsucht, dem rationalen Alltag mit seinen dauernden Entscheidungen zu entfliehen“, die sie zu Mythischem wie „Herr der Ringe“ greifen lasse.
„Lass die Kirche im Dorf“, heißt es im Film mehrmals. Das gilt auch für den Mystery-Anteil von „Das Geheimnis von St. Ambrose“. Michael Wennings Abenteuer-Movie ist und bleibt ein Fernsehfilm, der sein (psycho)logisches Fundament in der Gegenwart hat. Dass der Spagat zwischen dem Genre, das bei uns wenig Tradition hat, und den Konventionen eines am echten Leben orientierten Films, so gut funktioniert, das ist nicht zuletzt den Schauwerten der Landschaft und einer Ersatzfamilie zu verdanken, die man schnell ins Herz schließt, ohne dass es rührselig wird. Solide TV-Unterhaltung mit Serienpotenzial.