
„Glass Child“ ist ein häufig benutzter umgangssprachlicher Begriff aus der populären Psychologie, der auch immer öfter in den sozialen Medien auftaucht. Gemeint ist genau das, wovon der Fernsehfilm „Das gläserne Kind“ (ZDF / Network Movie) erzählt: Weil einem Problemkind die ganze Aufmerksamkeit der Eltern gehört, bleibt wenig – subjektiv gefühlt, nichts – für die anderen Geschwisterkinder übrig. Gibt es nur ein weiteres Kind in der Familie, dann ist die Trauer, die Wut, der Neid, häufig verbunden mit Schuldgefühlen, besonders groß. Das Mutter-Tochter-Drama von Suki M. Roessel nach dem Drehbuch von Alina Schmitt arbeitet sich langsam vor zu jenem Phänomen, das der erwachsenen Tochter geläufiger ist als der Mutter. Dramaturgisch setzen die Macherinnen auf das Prinzip Situationen sagen mehr als viele Worte. Man folgt anfangs Mutter und Tochter parallel, bekommt nach und nach ein Gefühl für deren Beziehung und – durch subjektive Rückblenden – versteht man, dass beide sich sehr unterschiedlich erinnern. Auf Schuldzuweisungen wird verzichtet. Die Zuschauer:innen können sich selbst ein Bild machen, und die Sympathien können im Verlauf des Films wechseln.