Von der ersten Minute an wird auch im 2023-Jahrgang von „Nord bei Nordwest“ deutlich, dass man sich hier nicht in einem ARD-„Donnerstagskrimi“ von der Stange, sondern in der von Holger Karsten Schmidt erdachten etwas anderen Krimi-Reihe befindet. Drei neue Episoden mit drei sehr unterschiedlichen Tonlagen und Genre-Mixturen. „Auf der Flucht“ ist ein Geiselnahme-Krimi mit Thrillermomenten, „Canasta“ eine göttliche Kriminalkomödie mit viel schwarzem Humor und „Natalja“ ein Agentenkrimi mit Thrill, Gefühl & einer russischen Polizistin mit Tötungsauftrag. Ob wenig spaßiges Häftlingstreffen in der Tierarztpraxis, freigesetzte kriminelle Energien aus der Mitte der Gesellschaft, gepaart mit trockenem Sprachwitz à la Loriot, ob Hitchcock‘scher MacGuffin und Killer-Coolness – jede der drei neuen Filme hat seine ganz besonderen Momente. Das Bemerkenswerteste an der Gesamtrezeptur ist neben der Lockerheit, mit der die Genre-Muster variiert werden, und neben der Methode, kleine Dinge große Effekte erzielen zu lassen, vor allem das gewachsene Beziehungsdreieck, das von Staffel zu Staffel stimmiger wird. Diese Charakter-Stärke und dieses „intime“ Miteinander fehlt den meisten Unterhaltungskrimis hierzulande. Und auch die Beziehungskomik ist anders: Sie kommt meist aus dem Wesen der Hauptcharaktere.