
„Welches Pronomen hast du eigentlich?“ Charlie macht große Augen, als ihr jemand diesen Satz beiläufig zuwirft. „Bei mir stimmt das, was ich fühle, nicht mit dem überein, was andere Menschen sehen, wenn sie mich sehen.“ So klar, wie es andere im Internet formulieren, hat die Titelfigur von „Becoming Charlie“ (ZDF / U5 Filmproduktion) für sich das Unwohlsein noch nicht auf den Punkt bringen können. In einem Alltag, der immer nur von Geldsorgen bestimmt wird, bleibt wenig Zeit für Psyche und Selbstfindung. Jetzt, mit Anfang 20, begibt sich Charlie auf die Suche nach ihrer sexuellen Identität. Der Weg führt Charlie von der biologischen Frau über das Gefühl, eher ein Mann zu sein, zu der Erkenntnis, sich keinem Geschlecht zugehörig zu fühlen… Die gut geschriebene, klar strukturierte Serie ist nicht nur thematisch auf der Höhe der Zeit, sie besticht auch filmisch, zeigt, wie man mit einfachen Mitteln große ästhetische Wirkung erzielen kann. Die Arbeit der Gewerke ist vorzüglich. Und Lea Drinda ist die perfekte Besetzung, ideale Projektionsfläche, für jedes Geschlecht, jede sexuelle Präferenz. Mit ihr ist Identifikation ein Kinderspiel. Kleine Serie, großer Wurf.