
Nur zwei Monate nach der Urteilsverkündung im ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess wurde im Oktober 1965 „Die Ermittlung“ von Peter Weiss gleichzeitig auf 15 Theaterbühnen in Ost- und Westdeutschland uraufgeführt. Das aus Originalzitaten bestehende Drama mit dem Untertitel „Oratorium in elf Gesängen“ verfehlt auch 60 Jahre später in der gleichnamigen filmischen Version (Arte, BR, WDR / Film & Mischwaren) des Regisseurs Rolf Peter Kahl seine Wirkung als präzises Dokument und zeitlose Mahnung nicht. Kahls Inszenierung setzt insbesondere durch die Licht- und Bildgestaltung Akzente und bringt die individuellen Schicksale der ehemaligen Häftlinge durch die schauspielerischen Leistungen eines umfangreichen Ensembles stärker zur Geltung als in der literarischen Vorlage. Der Kern des Gerichtsdramas bleibt erhalten: Die brillante Weiss’sche Montage der Zeugen-Aussagen und der zynischen Ausflüchte der Angeklagten offenbart das ungeheuerliche Ausmaß einer systematischen Entmenschlichung, für das Auschwitz bis heute steht.