In „Alles auf Rot“ (ZDF, Arte / Network Movie) schickt Lars Becker Ex-Polizist Kessel, Diller & Co zum vierten Mal in die Niederungen des Hamburger Drogensumpfs, in dem ein Menschenleben nicht viel zählt. Der aus dem Knast Entlassene geht auf der Reeperbahn vor Anker, derweil es seine Ex-Kollegen mit einem brutalen Doppelmord zu tun bekommen. „Alles auf Rot“ klingt nach Roulette und passt entsprechend nicht schlecht zur Philosophie von Beckers Polizeifilmen: das Leben ein Glücksspiel; auf welcher Seite zu stehst ist oft Zufall, und nur gut oder nur böse, nur moralisch oder nur korrupt ist keine Option für die Charaktere seiner Krimis. Keine Ironie, dafür durchzieht schöne Melancholie seinen neuen Film, der in seinen Stimmungen an die französischen Polizeifilme der sechziger, siebziger Jahre erinnert und dessen konzentrierter filmischer Stil durch die Corona-Bedingungen offenbar noch forciert wurde. Wehmut kommt am Ende auch beim Zuschauer auf: überall nur Krimis, doch solche atmosphärisch-coolen, Kino-affinen Unikate werden seltener.