
Ellen Berlinger ist außer sich. Sie findet es skandalös, wie die Staatsanwältin einen Fall ad acta legt, der für sie sonnenklar ist: Eine steinreiche Witwe, die an einem Insulinschock gestorben sein soll, ihre Freundin als allein Begünstigte und deren neue „Liebe“, ein dreißig Jahre jüngerer Ex-Knasti als möglicher Tatverdächtiger – da muss man doch weitermachen! Doch die Kommissarin hat Ermittlungsfehler begangen. Im „Tatort – In seinen Augen“ (SWR / Zieglerfilm Baden-Baden) werden die Bedingungen der Ermittlungen und deren Verlauf ständig mitreflektiert. Dabei übernimmt Kommissar Rascher nicht nur die Moderatoren-Rolle zwischen Staatsanwältin und Kollegin, sondern agiert zugleich als Supervisor, der Berlingers Vorgehen bei den Ermittlungen nach Unkorrektheiten abklopft. Fall und Psychologie wirken auf den ersten Blick simpel, doch die Dramaturgie macht das Ganze zunehmend komplexer. Der Film ist nicht chronologisch erzählt, sondern springt immer wieder durch die Zeit. Verantwortlich für diesen Bruch mit den „Tatort“-Gepflogenheiten ist Thomas Kirchner. Der Autor und Schöpfer des „Spreewaldkrimis“ hat die Chronologie sprengende, assoziative Narration in der ZDF-Ausnahme-Reihe perfektioniert. So erfährt man nicht erst – wie in den meisten Ermittlerkrimi – im Showdown, was Sache ist, sondern man wird früh Augenzeuge der Vorgeschichte. Das benötigt etwas Eingewöhnungszeit. Aber das war bei Makatsch als „Tatort“-Kommissarin ja nicht anders. Mit Blomberg jedenfalls gibt es eine Zukunft…