Premieren
Monatsüberblick Juni
Noch vier Sonntagskrimi-Premieren vor dem Sommerloch. Mehrere kleine, feine Serien abseits des Mainstreams. Highlight: David Schalkos "Warum ich?"
(tit.) In meinem Monatsüberblick Mai habe ich für den Juni zu wenig versprochen. So bespielt die ARD den Sonntagskrimi noch mit vier Premieren. Das war nicht immer so: Letztes Jahr endete die Saison 2023/24 bereits Ende Mai. Während „Rapunzel“ (15.6.), ein „Tatort“ aus Zürich, gegenüber seinen Vorgängern ein Stück weit abfällt, kommen zwei der anderen drei Produktionen immerhin auf viereinhalb Sterne. Es beginnt mit „Wir sind nicht zu fassen“ (1.6.) und dem Wiener Abschieds-Countdown des ebenso bei Kritik wie Publikum überdurchschnittlich beliebten Duos Eisner/Fellner alias Krassnitzer/Neuhauser. Der Krimi von Rupert Henning ist inszeniert als temporeicher (Polit-)Thriller. Am Pfingstmontag überzeugt in „Feuer“ (8.6.) einmal mehr das Dortmunder Team mit einem lebensnahen Krimi-Drama, allen voran Stefanie Reinsperger, deren Rosa Herzog in einem Frauenhaus undercover ermitteln muss. Wie schon 2024 beschließt ein „Polizeiruf“ die ARD-Saison: In „Spiel gegen den Ball“ (22.6.) ermitteln für den rbb Ross & Luschke zum zweiten Mal gemeinsam. Andrè Kaczmarczyk & Gisa Flake perfektionieren in diesem vermeintlichen Whodunit, der sich zum tragischen Krimi-Drama entwickelt, weiter an ihrer sympathischen Art des Ermittelns – einfühlsam & vorurteilsfrei, erfrischend unprätentiös & angenehm ernsthaft.
Eine fernsehhistorische Rarität, die die ARD geradezu versteckt vor Zuschauern und Kritikern ist „Robert Lembke – Wer bin ich?“ (9.6., 23.35 Uhr). Das SWR-Doku-Drama beleuchtet eine weitgehend unbekannte Seite des beliebten Quizmoderators: Der Gastgeber des Berufsratespiels „Was bin ich?“ (1955-58, 1961-1989) wurde im „Dritten Reich“ als „Halbjude“ eingestuft und verfolgt, doch anders als Hans Rosenthal (im ZDF-Stream: „Rosenthal“ mit Florian Lukas) hat er offenbar selbst privat nie darüber gesprochen. Der niedrig budgetierte, dennoch hochinteressante Film hat seine TV-Premiere kurz vor Mitternacht. Da kann man fast dankbar sein, dass die Serie des Monats, „Warum ich?“ (One, 26.6.) um 21.45 Uhr zu sehen ist. Auch David Schalkos Anthologie-Serie liegt …
Wiederholungen
Alles State of the Art. Was bringt das neue tittelbach.tv?
Es ist so weit. Das neue tittelbach.tv geht an den Start. Es ist eine völlig andere Seite: Content-Management-System, Webdesign, inhaltliche Struktur, die Startseite, die optische Anmutung der Kritiken, die Nutzungs-Optionen – alles neu, alles State of the Art. Das Relaunch musste sein. Der 2009 konzipierte „fernsehfilm-beobachter“ war üersichtlich und handlich, aber auch starr, unbeweglich, inhaltlich überfüllt und: eine digitale Zeitbombe! Die neue Seite ist reduziert, flexibel und endlich auch ein Genuss für Smartphone- und Tablet-Nutzer. Ich habe die neue Form schnell akzeptiert. Ihnen/Euch wird es ähnlich gehen. Hat man erst mal die für sich angenehmste Seitendarstellung gefunden, sich mit dem neuen Aufbau vertraut gemacht, wird sich bald ein Gewöhnungseffekt einstellen. Denn die Vorteile überwiegen deutlich.
TRAILER aktuell laufender Top-Produktionen
Wem Bilder mehr sagen als viele Worte… Auf DIESER Seite gibt es TRAILER von aktuell in den Mediatheken, bei den Streamern oder im Free-TV laufenden Filmen/Serien. Darunter können auch Produktionen (z.B. Kinofilme) sein, die wir nicht besprochen haben, die wir aber kennen und empfehlen können: Wie alles auf tittelbach.tv ist es eine kuratierte Auswahl.
Das Ungleichgewicht der TV-Formate
Kuratierte Programm-Empfehlungen
„Das Leben ist zu kurz für mittelmäßiges Fernsehen.“ Mein neues Motto gilt nach 15 Jahren t.tv besonders für Wiederholungen. Es gibt eine Unmenge an sehr sehenswerten, zeitlos guten Filmen und Serien. Ein Großteil davon befindet sich in den Mediatheken. Ich werde künftig mehr Zeit darauf verwenden, die Streaming-Angebote zu durchforsten, anstatt mich wie bisher akribisch durch die Programm-Listen von über zehn Sendern zu quälen.
Filmfriend: Programmkino streamen
Wussten Sie schon, dass die Stadtbibliotheken in Deutschland nicht nur eine riesige Auswahl an DVDs und Blu-rays zur Ausleihe anbieten, sondern dass es über das Video-on-Demand-Filmportal Filmfriend auch möglich ist, viele hundert Filme und Serien zu streamen? Und das zu einem extrem günstigen Preis. In Bonn beispielsweise beträgt der Jahresbeitrag für alle Medien, also auch Bücher, Hörbücher, CDs etc., plus Streaming schlappe 30 Euro.

Einschaltquoten: Die Fiction-Top-Hits. Alles Krimi oder was?!
Erfreulicherweise spielt in Zeiten der Mediatheken die Einschaltquote nicht mehr DIE Rolle, die sie einmal für die Programmplanung gespielt hat. Ohne junge Serien für die, die nur noch streamen, und ohne anspruchsvolle TV-Dramen würden ARD und ZDF ihren gesellschaftlichen Programmauftrag nicht erfüllen. Außerdem gäbe es keine Preise mehr für deren Fiktion. Diesem Artenschutz zum Trotz, dem sich t.tv auch verschrieben hat, mit einem gelegentlichen Bonus für aussterbende Gattungen, besitzen Charts einen besonderen Reiz. Deshalb gibt es monatlich die Top Ten der erfolgreichsten Fiction-Programme. Meine Prognose: Dieser Primetime-Quoten-Check wird ein Ranking der beliebtesten Krimis sein. Bin gespannt, wann es mal ein Nicht-Krimi unter die ersten zehn Filme/Serien schafft.

Mediathek-Tipp: „Small Axe“, Anthologieserie von Oscar-Preisträger Steve McQueen. Anspruchsvoll

Liebe User, auch nach dem Relaunch brauche ich Mäuse. Auch wenn das Foto einen Hamster zeigt!

Für frankophile Cinéasten: „Die Mama und die Hure“ (1973) von Jean Eustache. Jetzt exklusiv auf Arte.tv!

ab 22.6.: Tarantino auf Arte. „Jackie Brown“, „Kill Bill 1+2„, „Reservoir Dogs“, „Death Proof“ plus Doku

Fehler aller Art, das System betreffend, Verschreiber, Einlese-Murks etc. … bitte melden
Special: die besten US-Serien 2023/24
(aktualisiert: 28.5.2025) Deutsches Fernsehen genügt seit Netflix & Co nur noch den älteren Zuschauern. Die immer bessere Verfügbarkeit ausländischer Serien hat die Sehgewohnheiten verändert. Die deutsche TV-Fiktion muss sich auch am internationalen Angebot messen lassen. Und Fernsehkritiker sollten mehr denn je über den nationalen Tellerrand schauen: um zu sehen, was möglich ist, um zu zeigen, von welchen Serien man sich etwas abgucken sollte, und natürlich, um Zuschauern Tipps zu geben.
Special: US-Serien der goldenen Jahre
Zu viele Streamer, zu viele Serien, zu wenig Zuschauer, zu wenig Money – die nächste Blase droht zu platzen. Ohnehin haben Netflix & Co in den letzten Jahren kaum überragende erwachsene Serien produziert. Wer der Aktualität nicht hinterherhechelt, der findet die besten (Drama-)Serien nach wie vor in der Goldenen Ära. Hier meine aktuelle Top Twelve der US-Drama-Serien zwischen 1999 und 2015. Zeitlicher Ausreißer: „Twin Peaks“ (ab 1990), die Mutter des modernen Serien-Fernsehens.
Special: Meine Lieblings-CDs 2024
(7.1.2025) Ohne Musik geht bei mir nichts. Während viele bereits mit Mitte 40 nur noch die CDs ihrer Jugend hören, fasziniert mich auch die Musik der Gegenwart: 2024 ist ein gutes Jahr. Billie Eilish, Beyonce, Green Day, Nick Cave, Taylor Swift, Mark Knopfler – die Megastars haben abgeliefert. Aber noch interessanter sind die kleinen Alben von Indie-Größen wie Vampire Weekend, St. Vincent, Joan as Police Woman, MGMT oder Galliano. Einiges davon ist bestens geeignet für Serien-/Fernsehfilm-Soundtracks.
Rainer Tittelbach
Seiten-Konzept inklusive Layout-Entwurf, One-Man-Redaktion und Autor. Zu tittelbach.tv gibt es etwas zu lesen auf Wikipedia
Volker Bergmeister
Der Kritiker und Juror diverser Fernseh- & Film-Preise war eine große Hilfe beim Relaunch. Mehr über ihn bei Wikipedia
Martina Kalweit
Journalistin, lange Jahre TV-Spielfilm-Redakteurin und Jurymitglied beim Fernsehkrimi-Festival „Tatort Eifel“
Tilmann P. Gangloff
seit 1985 freiberuflicher Fernseh- und Filmkritiker für Tageszeitungen und Fachzeitschriften. Mitglied einiger Fernsehpreis-Jurys
Thomas Gehringer
Freiberuflicher Journalist aus Köln, schreibt für epd medien, „Tagesspiegel“ und andere regionale Tageszeitungen
Katharina Zeckau
TV-Kritikerin für KNA, Medienkorrespondenz, Filmdienst, seit 12/2024 für t.tv; außerdem Reporterin für den BR
Premieren 2024/25 & Previews
Streaming-Highlights
01-06 2025: Die Krise wird sichtbar, doch zum Streamen bleibt genug. Nur, zu wenig Einzelstücke. Und die Serien werden kleiner & nischiger
(tit.) Vergleicht man die Fiction-Premieren der öffentlich-rechtlichen Sender, der deutschen und der internationalen Streamer im ersten Halbjahr 2025 mit dem gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr, lässt sich ein leichter quantitativer Rückgang ausmachen. Angesichts des reichhaltigen Mediathekenangebots an sehenswerten älteren Produktionen, die durch cleveres Wiederholen im Programm von ARD und ZDF in der Regel nach kleinen Auszeiten immer wieder online zur Verfügung stehen, ist das zu verkraften. Schmerzlicher sind da schon die Qualitätseinbußen (ist natürlich auch Geschmackssache). Den Serien-Leuchttürmen der ersten Jahreshälfte 2024, „Die Zweiflers“ (ARD), „Kafka“ (ARD), „Sexuell verfügbar“ (ARD), „Oh Hell“ (Magenta TV), „Oderbruch“ (ARD) oder „Reset – Wie weit willst du gehen“ (ZDF), stehen dieses Jahr „Krank Berlin“ (Apple TV+), „Parallel Me“ (Paramount+), „Die Affäre Cum-Ex“ (ZDF), „The Next Level“ (ARD) und „Das zweite Attentat“ (ARD) gegenüber. Wie schon die letzten Jahre wird insgesamt vermehrt in kleinere, preiswertere Nischen-Formate investiert. Kein schlechter Schachzug; schließlich verzeichnen ja selbst die sogenannten Premium-Serien im linearen Fernsehen nur wenig Erfolg beim breiten Publikum. Und so sind es Produktionen wie David Schalkos absurd-düstere, top besetzte Anthologieserie „Warum ich?“ (ARD), das alltagsnahe Milieu-Schmankerl „Marzahn – Mon Amour“ (ARD) mit Jördis Triebel, die angenehm ernsthafte Jungmänner-Dramedy „Softies“ (RTL+), ein Storytellers-Nachwuchsprojekt, das schwarzhumorige „Drunter und Drüber – Chaos auf dem Friedhof“ (Prime Video) mit Julia Jentsch und Nicolas Ofczarek oder „Messiah Superstar“ (Joyn), eine launig selbstreferentielle Mockumentary mit Florian Lukas als abgehalftertes One-Hit-Wonder, die in Erinnerung bleiben werden. Eine Streaming-Plattform fand endlich auch der (über)ambitionierte Neo-Noir-Arthouse-Thriller „Nachts im Paradies“ (Magenta TV) mit Jürgen Vogel und Lea Drinda. Und das ZDF setzt im Stream vor allem auf diverse Young-Adult-Programme wie „Crystal Wall“, „Tschappel“, „Like a Loser“ oder die Genre-Variation „Club der Dinosaurier“. Im Sommer folgt noch „Nighties“, eine überaus heitere Comedy über das Nachtschichtpersonal eines etwas heruntergekommenen Münchener Hotels in Bahnhofsnähe.